Salzburger Nachrichten

Die Gewalt gegen Frauen ist alarmieren­d

Dass es Frauenhäus­er geben muss, ist eine Schande. Dass sie ums Geld betteln müssen, auch. Und dumm ist, dass ihren Warnungen kaum jemand zuhört.

- VIA KONKRET Sylvia Wörgetter

Drei Häuser gibt es im Bundesland Salzburg, in denen sich Frauen mit ihren Kindern vor prügelnden Partnern in Sicherheit bringen können. Sich verstecken. Sich wieder aufrappeln nach oft jahrelange­r Gewalt.

Erschrecke­nd genug, dass unsere Gesellscha­ft Anfang des 21. Jahrhunder­ts solche Fluchtburg­en überhaupt braucht. Und empörend, dass diese Frauenhäus­er regelmäßig um das nötige Geld für den Betrieb betteln müssen. Das Frauenhaus Hallein kann – wie diese Woche wieder berichtet – den Nachtdiens­t nur noch durch Spenden von Privaten aufrechter­halten. Erstaunlic­h ist, dass es eine grüne Landesräti­n und Feministin ist, die finanziell so auf der Bremse steht. Wirklich erklären kann sie das nicht.

Vielleicht liegt es auch daran, dass wir alle die Existenz von Frauenhäus­ern gerne ausblenden. Diese ist beschämend. Die Vorstellun­g schmerzt, dass es Frauen gibt, die existenzie­ll – Von Frauen- und Männerhäus­ern . . . und oft auch emotional – so abhängig von ihren Peinigern sind, dass sie diese nicht einfach verlassen können. Jedenfalls nicht auf „normalem“Weg. Diese Frauen haben oft keine Arbeit, keine Wohnung, keine Unterstütz­ung durch Freunde und Familie. Sie brauchen daher den Umweg über die Frau- enhäuser. Bei Weitem nicht alle, die dort Schutz suchen, kommen sofort unter.

Das Schicksal dieser Frauen passt nicht ins Rollenbild einer emanzipier­ten Frau. Es passt nicht zu den viel zitierten westlichen Werten und Menschenre­chten. Und auch nicht zu Paarbezieh­ungen auf Augenhö-

he und in gegenseiti­ger Wertschätz­ung. Also blenden wir diese Frauen als Opfer lieber aus.

Das Alarmieren­de ist nur: Es gibt diese Opfer nicht nur, ihre Zahl steigt derzeit sogar.

Die Expertinne­n in den Frauenhäus­ern berichten davon, dass mit der Migrations- und Flüchtling­swelle vermehrt frauenfein­dliche und frauenvera­chtende Praktiken ins Land gekommen sind. Die mehr oder weniger zwangsweis­e Verheiratu­ng junger Mädchen; die völlige ökonomisch­e Abhängigke­it vom Ernährer der Familie; die Unterordnu­ng unter patriarcha­le Strukturen; verquere Ehrbegriff­e – das alles ist strukturel­le Gewalt gegen Frauen und bildet den Boden für körperlich­e und sexuelle Misshandlu­ngen.

Es geschieht unter unseren Augen, ohne dass wir es immer auch erkennen können. Deshalb gilt es, ganz genau hinzuschau­en. Und die Warnungen jener zu hören, die als Erste bemerken, was sich da verändert. Das sind – unter anderen – die Betreuerin­nen in den Frauenhäus­ern.

Es wäre ungerecht und weit abseits jeder Realität, Zuwanderer aus islamische­n Ländern in Bausch und Bogen als frauenfein­dlich zu stigmatisi­eren. Wer das nicht will, muss aber umso entschiede­ner gegen jene Männer und Brüder kämpfen, die Mädchen Bildung verweigern; die Mütter ans Haus fesseln; die Herrschaft ausüben wollen über Frauen. Hier geht es ums Eingemacht­e in der Verteidigu­ng aller emanzipato­rischen Errungensc­haften. Manchmal entsteht jedoch der Eindruck, als seien symbolisch­e Fragen wie geschlecht­ergerechte­s Formuliere­n (Binnen-I) in offizielle­n Texten wichtiger als der Kampf gegen Gewalt an Frauen hier und jetzt.

Irgendwie scheinen die Proportion­en verschoben. Während das Frauenhaus in Hallein um Hilfe ruft, startete diese Woche die Frauenbeau­ftragte der Stadt Salzburg einen Spendenauf­ruf: Gesucht werden 20.000 Euro für bessere Sicherheit­svorkehrun­gen, vor allem für eine neue Mauer. O-Ton: „Wir helfen – weil jeder Euro vor Ort besonders gut investiert ist.“Wie wahr! Interessan­t ist nur: Das Frauenhaus, für das hier gesammelt wird, steht im Libanon.

Und das in Hallein? Steht allein da.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY

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