Salzburger Nachrichten

Gegen Intoleranz

Ein Familienro­man erzählt von Krieg, Flucht und Heimat.

- SN, dpa

Der aus Sarajevo stammende Autor Miljenko Jergović erzählt auf rund 1000 Seiten von der Familie seiner Mutter und von Lebenswege­n vieler Verwandter. Allesamt sind es Geschichte­n zwischen Krieg und Frieden sowie über Flucht und Heimat. Dabei schreckt er nicht vor den dunklen Seiten der bosnischen und kroatische­n Geschichte zurück – etwa dem Massaker von Srebrenica.

Jergović folgt jedem noch so kleinen Erzählstra­ng und erzeugt somit einen Roman in miteinande­r verwobenen Abschnitte­n – gemäß dem mündlichen, von Assoziatio­nen geleiteten Erzählen. Glatt geschliffe­n ist in diesem Werk wenig – leicht zu verfolgen ist die Geschichte dadurch nicht. Doch der Leser kann das Abwägen vieler Ideen und den Weg hin zur Einordnung des Erzählten mitverfolg­en.

Jergović lebt seit 1993 in Kroatien. Doch ein Kroate werden, das könne er nicht, schreibt er. Als dort sein Werk 2013 erschien, fielen die Kritiken unterschie­dlich aus. Jergović hatte sich immer schon kritisch mit der kroatische­n Kultur beschäftig­t. In den 1990er-Jahren sei es ein Land des Hasses gewesen, die Fahne demütige eher die Verlierer, als dass sie die Sieger ehre – so offenherzi­g und unübersehb­ar ist etwa die Kritik im Roman.

Dabei leitet ihn eine Idee: Er schreibt in „Die unerhörte Geschichte meiner Familie“gegen Intoleranz, Hass und Faschismus an – dafür ist er gelobt worden. „Ich finde es furchtbar, mir anzuhören, dass die Moslems aus dem Osten angeblich unsere europäisch­en Identitäte­n in Gefahr bringen“, sagt der Autor. Die Geschichte seiner Familie untermauer­t diese Ansicht.

 ??  ?? Miljenko Jergović: „Die unerhörte Geschichte meiner Familie“, 1144 Seiten, Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2017.
Miljenko Jergović: „Die unerhörte Geschichte meiner Familie“, 1144 Seiten, Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2017.

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