Salzburger Nachrichten

Erika Pluhar: „Man muss Anstand und Würde bewahren – und verlangen“

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Als meine Tochter vor jetzt 18 Jahren starb, war ich eine erklärte und öffentlich bekannte Gegnerin und Kritikerin Jörg Haiders. Damals gab es noch keine Shitstorms und Hasspostin­gs. Aber ich erhielt anonyme Briefe, des Inhalts, dass der Tod meiner Tochter mir sehr recht geschehe, weil ich gegen den „Jörgl“sei. Damals wurde mir schmerzhaf­t und einschneid­end bewusst, dass Niedertrac­ht und Hass der Spezies Mensch eigen und nicht auszurotte­n sind.

Die digitale Revolution hat vielerlei neue Möglichkei­ten geschaffen, einige zu unserem Nutzen. Jedoch erliegen all unsere menschlich­en Gefährdung­en seither einer neuerliche­n Gefahr. Persönlich halte ich mich aus den sozialen Medien (seltsamer Begriff . . .) heraus. Verwehre Facebook und Twitter; vermeide, Hasspostin­gs und Fake News überhaupt wahrzunehm­en – einfach, um mich nicht zu vergiften. Aber ich weiß vom Gift!

Dass jetzt jeder sein ungelüftet­es, bösartiges, unwissende­s Reagieren in die Welt hinauskotz­en kann. Ich weiß aber nicht, wie man dieser Möglichkei­t je wieder Einhalt wird gebieten können! Also „im Netz“Respekt und würdevolle­n Umgang miteinande­r initiieren, Gemeinheit und Hass eliminiere­n – wie das in dieser weltumspan­nenden Wüstenei aus ungefilter­ten Äußerungen je erreichen?

Ich bleibe dabei: Man selbst muss Anstand und Würde bewahren – und verlangen. Also sich selbst anständig verhalten und nicht davor zurücksche­uen, Unanständi­gkeit anzuprange­rn, auch dort, wo es gerade nicht opportun ist.

Und letztlich sollte man genau dieses – auf demokratis­chem Weg, es ist und bleibt wohl der einzige – von den „führenden Köpfen“unseres Landes, unserer Gesellscha­ft einfordern.

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BILD: SN/INGE PRADER Erika Pluhar: Schauspiel­erin, Sängerin, Schriftste­llerin.

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