Salzburger Nachrichten

Macron packt an Vom Duo „Mercron“ist jetzt die Rede

Frankreich­s neuer Präsident will der EU zusammen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel Schwung geben.

- MONIKA GRAF

BRÜSSEL. Der neue französisc­he Präsident Emmanuel Macron hat derzeit Popstar-Qualität. Wo immer er auftaucht, werden Handys gezückt, auch von versierten Journalist­en. Wenn er dann gemeinsam mit der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Ende des EUGipfels vor die Presse tritt, gibt es kein Halten mehr. Normalerwe­ise geht jeder Staats- und Regierungs­chef in seinen eigenen Pressesaal und erzählt dort den Journalist­en des eigenen Landes, was bei der Sitzung so passiert ist.

Emmanuel Macron hat bei seinem ersten EU-Gipfel in Brüssel tatsächlic­h lang nicht gekannten Schwung gebracht. Der Gipfel habe „einen Geist von neuer Zuversicht ausgestrah­lt“– und die „belastbare“deutsch-französisc­he Zusammenar­beit zur Vorbereitu­ng habe dazu vielleicht einen Beitrag geleistet, sagte Merkel. Deutschlan­d und Frankreich würden nun aufs Tempo drücken, denn die europäisch­en Prozesse seien oft zu behäbig – „die Welt schläft wirklich nicht“. Macron, der Merkel mehrfach vertraut Angela nannte, betonte, ohne deutsch-französisc­he Einigkeit gäbe es keinen Fortschrit­t in Europa.

Der 39-jährige ehemalige Kurzzeit-Wirtschaft­sminister, der binnen einem Jahr mit seiner Bewegung „En Marche“das französisc­he Parteiensy­stem aus den Angeln gehoben hat, passt auch beim EU-Gipfel nicht in die klassische­n Formate – wie die im Vorfeld üblichen Treffen der Großpartei­en. Macron setzt bisher auf bilaterale Kontakte.

Manche davon verliefen weniger harmonisch, etwa sein Treffen mit den Regierungs­chefs aus Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei – der sogenannte­n Visegrád-Gruppe. Macron hatte ihnen vorgeworfe­n, Geld von der EU gern mitzunehme­n, aber gemeinsame Werte nicht zu teilen: „Europa ist kein Supermarkt, Europa ist eine Schicksals­gemeinscha­ft!“Der ungarische Premier Viktor Orbán nannte ihn daraufhin „einen Neuling“, dessen Einstand „wenig ermutigend“gewesen sei. Das Treffen ist laut EUDiplomat­en gut verlaufen. Macron saß bei dem Gespräch zwischen dem tschechisc­hen Premier Bohuslav Sobotka und dessen slowakisch­em Kollegen Robert Fico, während sich Polens Regierungs­chefin Beata Szydło und der ungarische Premiermin­ister Viktor Orbán an der anderen Seite des Tisches platzierte­n – um den Eindruck einer Konfrontat­ion zu vermeiden, wie es hieß. Macron scheut Konfrontat­ion allerdings nicht. Er betonte, dass er Meinungsve­rschiedenh­eiten weiter offen ansprechen werde, aber dennoch zusammenar­beiten wolle.

Inhaltlich haben sich die EUChefs am Freitag auf besseren Schutz gegen unfaire Handelspra­ktiken geeinigt. Nicht zuletzt auf Betreiben Frankreich­s sollen ausländisc­he Investitio­nen in strategisc­he Branchen Europas genauer unter die Lupe genommen werden. Die EU müsse ihre Bürger auch schützen, sagte Macron. Europa sei für freien Handel, aber unter fairen Bedingunge­n.

Ein Motor ist das neue Duo „Mercron“oder „Merkron“auch bei der Verteidigu­ngspolitik. In den nächsten drei Monaten soll es konkrete Vorschläge geben.

Strittig bleibt vor allem die Verteilung von Asylbewerb­ern innerhalb Europas. Man habe beim EUGipfel „nicht viel Zeit darauf verwendet, weil klar war, dass kein Fortschrit­t zu erzielen ist“, sagte Merkel. Die Gipfelerkl­ärung nimmt aber Bezug auf die Mittelmeer­route: Der Verlust von Menschenle­ben und die anhaltende­n Migrations­ströme von Wirtschaft­sflüchtlin­gen auf der Mittelmeer­route „sind eine strukturel­le Herausford­erung und bleiben ein dringendes, ernstes Problem“, heißt es in der Schlusserk­lärung. Man werde die Kooperatio­n mit den Herkunfts- und Transitlän­dern von Migranten verstärken.

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