Gangster werden ist nicht schwer . . .
Dass der irischstämmige Weltkriegs-Veteran Joe in den 1920er-Jahren die Prohibition nutzt, um ein Gangsterimperium im Spannungsfeld von italienischer und irischer Mafia aufzubauen, ist kein Thema, das Zuschauer von vornherein fesseln könnte. Zumal der Hauptdarsteller in dieser Variante keinen ausgeprägten Hang zur Macht hat. Halb zog es ihn, halb fiel er hin, möchte man sehr frei nach Goethe behaupten. Denn Joe sieht sich nicht als Verbrecher, sondern als Gesetzloser, was für ihn nicht dasselbe ist. Der jüngste Film von Ben Affleck als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller lässt den Zuschauer kaum glauben, dass dieser Mann das packende Geiseldrama „Argo“realisiert hat. Hier verirrt er sich in Oberflächlichkeiten, Rachemotiven und erzählt halbherzig von einer Gesellschaft, in der Unrecht normal erscheint und alles verfälscht und geschoben wird – nicht nur Alkohol. Dass Joe die Geliebte eines rabiaten rachsüchtigen Mafioso zur Freundin hat, liefert nur den Vorwand, brutale Szenen zu zeigen. Romanverfilmungen sind immer vielversprechend, weil es sich meist um Bestseller handelt. Die Handlung hat als Buch schon viele Menschen interessiert, warum sollte es beim Film anders sein? Dennis Lehane („Shutter Island“, „Mystic River“) ist für diese Vorlage verantwortlich. Das Resultat ist freilich ein kalter, blutleerer Gangsterfilm, der berühmten Vorbildern nacheifert, ohne auch nur eines zu erreichen. Live by Night, Warner Blu-ray Disc, 129 Minuten.