Der Junge, der Pilz ablöste
Für die Grünen wird es nach der Abwahl von Partei-Promi Peter Pilz nicht einfacher.
WIEN. Es war vor rund zehn Jahren, als ein blutjunger, noch völlig unbekannter Grüner mit dem Zug von Klagenfurt nach Wien fuhr, um mit einem – schon damals – grünen Parlamentsveteranen ein von den „Salzburger Nachrichten“organisiertes Streitgespräch zu führen: Julian Schmid, damals 18, war sichtlich aufgeregt, mit dem grünen Aufdecker Peter Pilz, damals 53, zu diskutieren. Gerade war wieder die Debatte aufgeflammt, die Grünen seien alt und fad geworden. „Wählt doch einfach einmal Junge!“, appellierte Schmid an seine eigene Partei. Auch wenn er gerade Pilz als einen jener im Parlamentsklub sehe, die noch „viel Feuer“hätten, „obwohl er den Sessel auch schon angewärmt hat“, relativierte der 18-Jährige damals.
Feuer hat Pilz zwar nach wie vor. Aber es hat nicht gereicht, um von seinen basisdemokratischen Parteifreunden am vergangenen Wochenende wieder auf die Bundesliste gewählt zu werden. Bekanntheitsgrad hin oder her: Er unterlag im Rennen um Platz vier ausgerechnet seinem SN-Diskussionspartner von einst, Julian Schmid. Pilz kündigte daraufhin an, nach 31 Jahren den Hut zu nehmen.
Schmids Appell hingegen, endlich Junge zu wählen und damit die „gläserne Decke“, die er beklagt hatte, zu durchbrechen, wurde erhört. Und das schon vor vier Jahren: So lange sitzt der Kärntner, der zum Studieren nach Wien kam, bereits im Hohen Haus. Dort ist er bisher kaum aufgefallen. Auch im Konflikt zwischen den Jungen Grünen und Ex-Parteichefin Glawischnig hielt sich Schmid, immerhin grüner Jugendsprecher, auffallend zurück.
Hängen geblieben sind daher vor allem sein erster Auftritt im Nationalrat im Kapuzenpulli oder Facebook-Postings, die ihn in der Badehose zeigen. Und auch ein Plakat aus dem Wien-Wahlkampf vor zwei Jahren, das ihn mit roten Kussmündern im Gesicht übersät zeigte, daneben der Slogan: „Ich bin Öffi für alles“. Am Wochenende präsentierte er sich in seiner Rede vor dem Bundeskongress als das Gesicht der „Generation Krise“, als einer, der sich für gerechte Schule und Jugend-Öffitickets einsetzt. Er wolle, „dass wir Grünen in dieser Wahl die Zukunftshoffnung werden, nicht Kurz’ neoliberales Blabla“, sagte er.
Man wird sehen, wie diese Botschaften im Wahlkampf wirken. Für die Grünen dürfte es jedenfalls nicht einfacher werden, wenn sie ohne Pilz in die Wahl gehen, der beim laufenden Eurofighter-U-Ausschuss gerade wieder zu Hochform aufläuft: Der 63-Jährige, der als grüner Pionier 1986 ins Parlament einzog, ist eines ihrer prominentesten Aushängeschilder. Zudem muss sich die neue Parteispitze unter Ingrid Felipe und Ulrike Lunacek nach dem Rückzug von Eva Glawischnig erst etablieren. Fraglich ist, ob das Motto „Wer die FPÖ nicht will, muss Grün wählen, weil wir machen sicher nicht blau“reichen wird, um bei den Wählern am 15. Oktober zu punkten. Koalitionen mit grüner Beteiligung dürften jedenfalls allein schon aufgrund der nötigen Mehrheiten schwierig werden, was die Kampfansage gegen Blau etwas zahnlos macht.
Zudem hat vor Kurzem auch der bekannte ehemalige grüne Bundesrat Efgani Dönmez – so wie Pilz einer, der klar gegen den politischen Islam und den Auslandseinfluss auf die Austrotürken eintritt – seinen Parteiaustritt verkündet. Er dürfte bei der Liste Kurz, vormals ÖVP, andocken.
Ob Pilz auch bei einer anderen Partei andockt oder gar eine eigene Liste gründet? Pilz in Politpension – das ist ein Bild, das so gar nicht stimmen will. Das Angebot der grünen Spitzenkandidatin Lunacek, sich zu einer Kandidatur und einem von den Grünen finanzierten Vorzugsstimmenwahlkampf überreden zu lassen, hat der 63-Jährige abgelehnt. Auch einen Wechsel zu einer anderen Partei schließt er aus. Wie es nun weitergeht? Er werde jetzt einmal alles mit seiner Frau besprechen und seine Arbeit im U-Ausschuss abschließen, sagt er.
Ulrike Lunacek jedenfalls bedauert, dass Pilz nicht mehr für die Grünen antreten will und auch nicht ins Rennen um Listenplatz sechs eingestiegen ist. „Ich bin überzeugt, dass er auf Platz sechs gewählt worden wäre“, ist Lunacek überzeugt. Und sie betont: Es stimme nicht, dass Julian Schmid Pilz verdrängt habe. Denn: „Bei uns geht es nämlich sehr demokratisch zu.“
„Wir sind die Zukunftshoffnung, nicht Kurz’ neoliberales Blabla.“Julian Schmid, Jugendsprecher