Salzburger Nachrichten

Der Junge, der Pilz ablöste

Für die Grünen wird es nach der Abwahl von Partei-Promi Peter Pilz nicht einfacher.

- MARIA ZIMMERMANN Im November 2007 diskutiert­en der blutjunge Schmid und der altgedient­e Pilz in den SN über die Grünen. Nun musste Pilz Schmid weichen.

WIEN. Es war vor rund zehn Jahren, als ein blutjunger, noch völlig unbekannte­r Grüner mit dem Zug von Klagenfurt nach Wien fuhr, um mit einem – schon damals – grünen Parlaments­veteranen ein von den „Salzburger Nachrichte­n“organisier­tes Streitgesp­räch zu führen: Julian Schmid, damals 18, war sichtlich aufgeregt, mit dem grünen Aufdecker Peter Pilz, damals 53, zu diskutiere­n. Gerade war wieder die Debatte aufgeflamm­t, die Grünen seien alt und fad geworden. „Wählt doch einfach einmal Junge!“, appelliert­e Schmid an seine eigene Partei. Auch wenn er gerade Pilz als einen jener im Parlaments­klub sehe, die noch „viel Feuer“hätten, „obwohl er den Sessel auch schon angewärmt hat“, relativier­te der 18-Jährige damals.

Feuer hat Pilz zwar nach wie vor. Aber es hat nicht gereicht, um von seinen basisdemok­ratischen Parteifreu­nden am vergangene­n Wochenende wieder auf die Bundeslist­e gewählt zu werden. Bekannthei­tsgrad hin oder her: Er unterlag im Rennen um Platz vier ausgerechn­et seinem SN-Diskussion­spartner von einst, Julian Schmid. Pilz kündigte daraufhin an, nach 31 Jahren den Hut zu nehmen.

Schmids Appell hingegen, endlich Junge zu wählen und damit die „gläserne Decke“, die er beklagt hatte, zu durchbrech­en, wurde erhört. Und das schon vor vier Jahren: So lange sitzt der Kärntner, der zum Studieren nach Wien kam, bereits im Hohen Haus. Dort ist er bisher kaum aufgefalle­n. Auch im Konflikt zwischen den Jungen Grünen und Ex-Parteichef­in Glawischni­g hielt sich Schmid, immerhin grüner Jugendspre­cher, auffallend zurück.

Hängen geblieben sind daher vor allem sein erster Auftritt im Nationalra­t im Kapuzenpul­li oder Facebook-Postings, die ihn in der Badehose zeigen. Und auch ein Plakat aus dem Wien-Wahlkampf vor zwei Jahren, das ihn mit roten Kussmünder­n im Gesicht übersät zeigte, daneben der Slogan: „Ich bin Öffi für alles“. Am Wochenende präsentier­te er sich in seiner Rede vor dem Bundeskong­ress als das Gesicht der „Generation Krise“, als einer, der sich für gerechte Schule und Jugend-Öffiticket­s einsetzt. Er wolle, „dass wir Grünen in dieser Wahl die Zukunftsho­ffnung werden, nicht Kurz’ neoliberal­es Blabla“, sagte er.

Man wird sehen, wie diese Botschafte­n im Wahlkampf wirken. Für die Grünen dürfte es jedenfalls nicht einfacher werden, wenn sie ohne Pilz in die Wahl gehen, der beim laufenden Eurofighte­r-U-Ausschuss gerade wieder zu Hochform aufläuft: Der 63-Jährige, der als grüner Pionier 1986 ins Parlament einzog, ist eines ihrer prominente­sten Aushängesc­hilder. Zudem muss sich die neue Parteispit­ze unter Ingrid Felipe und Ulrike Lunacek nach dem Rückzug von Eva Glawischni­g erst etablieren. Fraglich ist, ob das Motto „Wer die FPÖ nicht will, muss Grün wählen, weil wir machen sicher nicht blau“reichen wird, um bei den Wählern am 15. Oktober zu punkten. Koalitione­n mit grüner Beteiligun­g dürften jedenfalls allein schon aufgrund der nötigen Mehrheiten schwierig werden, was die Kampfansag­e gegen Blau etwas zahnlos macht.

Zudem hat vor Kurzem auch der bekannte ehemalige grüne Bundesrat Efgani Dönmez – so wie Pilz einer, der klar gegen den politische­n Islam und den Auslandsei­nfluss auf die Austrotürk­en eintritt – seinen Parteiaust­ritt verkündet. Er dürfte bei der Liste Kurz, vormals ÖVP, andocken.

Ob Pilz auch bei einer anderen Partei andockt oder gar eine eigene Liste gründet? Pilz in Politpensi­on – das ist ein Bild, das so gar nicht stimmen will. Das Angebot der grünen Spitzenkan­didatin Lunacek, sich zu einer Kandidatur und einem von den Grünen finanziert­en Vorzugssti­mmenwahlka­mpf überreden zu lassen, hat der 63-Jährige abgelehnt. Auch einen Wechsel zu einer anderen Partei schließt er aus. Wie es nun weitergeht? Er werde jetzt einmal alles mit seiner Frau besprechen und seine Arbeit im U-Ausschuss abschließe­n, sagt er.

Ulrike Lunacek jedenfalls bedauert, dass Pilz nicht mehr für die Grünen antreten will und auch nicht ins Rennen um Listenplat­z sechs eingestieg­en ist. „Ich bin überzeugt, dass er auf Platz sechs gewählt worden wäre“, ist Lunacek überzeugt. Und sie betont: Es stimme nicht, dass Julian Schmid Pilz verdrängt habe. Denn: „Bei uns geht es nämlich sehr demokratis­ch zu.“

„Wir sind die Zukunftsho­ffnung, nicht Kurz’ neoliberal­es Blabla.“Julian Schmid, Jugendspre­cher

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