Der Depp und das Weiße Haus
Johnny Depp witzelt über Mord. Das war halblustig, was zu seiner aktuellen Verfassung passt.
SALZBURG. Johnny Depp gehört zu den Hochbegabten, deren Schauspielerei Welten öffnen kann. Dazu braucht er als Jack Sparrow, Pirat der Karibik, bloß das Gesicht zu verziehen. Johnny Depp ist Rockstar und Cowboy und Freibeuter.
Nun scheint es, als kommandiere er sein Lebensschiff auf Schlingerkurs. Die Stürme der Klatschmedien fegen über ihn.
Die Frau ist weg. Das kostete viel Geld. Er soll pleite sein. Vor Gericht kommen interne und private EMails an die Öffentlichkeit. Geklagt hatten Depps ehemalige Businessberater. Nun hat er auch das Weiße Haus – oder besser: dessen Ableger – zum Feind. Donald Trump jr. möchte, dass Depp keine Arbeit mehr bekommt. Jedenfalls beim Filmstudio Disney, wo die erfolgreiche „Pirates of the Caribbean“-Serie entstand.
Wenn ein Pirat von der Staatsmacht ins Visier genommen wird, kann das zur Legendenbildung beitragen. Hier kommt Keith Richards ins Spiel. Depp ist eine Art legitimer Thronfolger von Keith Richards auf der Kommandobrücke der Unangepassten. Es ist nicht nur ein Faible für das gleiche Outfit – Ohrringe, Lederfetzen, Kopftuch, Unheil versprechende Ringe, unrasiert –, das diese beiden verbindet. Richards war lange Zeit auch eine Art Staatsfeind. Einmal wurde er auch verhaftet, wegen Verstoßes gegen Rauschmittelverbote in Toronto. Gesetzesverstoß liegt bei Depp keiner vor. Ihm wird unauffällig gedroht. Trump jr. schrieb am Wochenende: „Ich würde glauben, es wird schwer für Disney, ihn zu halten.“Dazu gab es den Hashtag #FireDepp. Was war passiert? Depp hatte vergangene Woche gesagt: „Wann war das letzte Mal, dass ein Schauspieler einen Anschlag auf einen Präsidenten verübt hat?“Seine Frage spielte offenbar auf den Anschlag auf den ehemaligen Präsidenten Abraham Lincoln durch den Schauspieler John Wilkes Booth im Jahr 1865 an.
Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, war empört, dass die Aussage Depps so wenig Empörung hervorgerufen hatte. Depp entschuldigte sich auch. Dann kam trotzdem der Präsidentensohn-Ratschlag für Disney. Der klingt wie Notwehr gegen einen unheimlich populären Gegner. Nur wenn der verschwindet, hat man Ruhe. Disney schweigt übrigens zu dem Vorschlag. Probleme hatte es für Disney mit Depp aber angeblich schon bei den Dreharbeiten zum fünften Teil „Pirates of the Caribbean“gegeben, der im Mai in den Kinos gestartet war. Und es war in verschiedenen Meldungen zu lesen, dass Disney ohnehin gar nicht mehr an Depp interessiert sei.
Der Überheld bewegte sich also in schwerer See. Der Tweet von Trump jr. ist dabei vielleicht sein kleinstes Problem. Im Vergleich zu den Reaktionen auf andere Kurznachrichten aus dem Umfeld des Weißen Hauses gab es auf die Aussage von Trump jr. ohnehin wenig Reaktionen. Das mag auch daran liegen, dass Depp wahrgenommen wird als einer der letzten großen Stars, deren Ausstrahlung nicht allein von der Leistung auf der Leinwand abhängt.
Johnny Depp sei einer „der Letzten von Hollywoods Star-Generation“, sagte Christian Huber vom Wiener Filmmuseum kürzlich in einem Interview. Nicht nur „Präsenz und Charisma, sondern auch Talent“habe er und so rage Depp „als etwas Besonderes heraus“. Dieses Besondere trotzt dann auch üblichen Konventionen.