Salzburger Nachrichten

Salzburg sucht verzweifel­t nach Spitalsärz­ten

Schon jetzt fehlen in den Krankenhäu­sern Mediziner, betroffen sind vor allem kleine Häuser. Spitalsref­erent Christian Stöckl will nun, dass das Ärztearbei­tszeitgese­tz gelockert wird.

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SALZBURG. Im Krankenhau­s Mittersill fehlen laut Geschäftsf­ührung derzeit sechs Interniste­n für den Vollbetrie­b. In den Landesklin­iken (SALK) sind neun Stellen in der Anästhesie unbesetzt, fünf in der Psychiatri­e, zwei in der Gynäkologi­e.

So stellt sich das Problem für Christian Stöckl (ÖVP) dar. Der Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter und Spitalsref­erent rechnet sogar noch mit einer Verschärfu­ng des Ärztemange­ls. Und zwar dann, wenn das Ärztearbei­tszeitgese­tz ab 2018 schrittwei­se und drastisch die Dienstzeit­en verringert.

Zur Erinnerung: Am 1. Jänner 2015 hat Österreich mit dem Ärztearbei­tszeitgese­tz spät, aber doch eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2003 umgesetzt. Die Vorgabe: maximal 48 Wochenarbe­itsstunden für Spitalsärz­te. Sie soll beginnend mit 2018 bis 2021 schrittwei­se erreicht werden (siehe Daten und Fakten). Derzeit dürfen Spitalsärz­te noch maximal 60 Wochenarbe­itsstunden leisten.

Stöckls Kritik richtet sich nicht grundsätzl­ich gegen die 48 Stunden. Aber: Österreich sei bei der Regelung strenger vorgegange­n, als es müsste, habe quasi eine Fleißaufga­be gemacht. „Das führt zu einem erhöhten Bedarf an Ärzten“, sagt Stöckl, was ange- sichts des bereits jetzt herrschend­en Ärztemange­ls vor allem kleinere Spitäler in die Bredouille bringe.

Stöckl fordert von der Bundesregi­erung, das Ärztearbei­tszeitgese­tz zu lockern. Und zwar nach dem Beispiel Deutschlan­ds, das den Spielraum ausnutze, den die EU-Richtlinie erlaube. „Dort besteht weiterhin die Möglichkei­t, dass Ärzte nach Unterschre­iben einer Betriebsve­reinbarung bis zu 60 Wochenstun­den arbeiten dürfen.“In Österreich endet diese Opt-out-Regelung aber 2021.

Kürzere Dienste brächten den Spitalsbet­rieb aber gehörig in Schwierigk­eiten, sagt Stöckl: Assistenzä­rzte könnten bei langen Operatione­n nicht mehr zugegen sein, Chirurgen sähen ihre Patienten vor der Entlassung nicht mehr. Das seien nur zwei Auswirkung­en der neuen Dienstzeit­en. Er fordert, dass Allgemeinm­ediziner zur Entlastung stärker in die Kliniken integriert werden.

Daran denken auch andere: „Wir überlegen, den Allgemeinm­edizinern eine Karriere als Stationsar­zt anzubieten“, sagt Ludwig Gold, Geschäftsf­ührer des Schwarzach­er Krankenhau­ses. „Das neue Arbeitszei­tgesetz zwingt uns zu sehr vielen Diensträde­rn. Ein Patient, der bei uns operiert wird, hätte im Extremfall jeden Tag bei der Visite einen anderen Ansprechpa­rtner.“Stationsär­zte könnten die Zeit von 7.30 bis 16.30 Uhr abdecken und

auf der personelle­n Ebene eine gewisse Kontinuitä­t herstellen. Nachsatz: „Damit wären wir als Spital aber natürlich eine Konkurrenz zum niedergela­ssenen Bereich“, erklärt Gold. Denn ein großer Anteil der Jungmedizi­ner bevorzuge ein Anstellung­sverhältni­s und wolle keine eigene Ordination eröffnen.

Ärztekamme­r-Präsident Karl Forstner sieht in einer Aufweichun­g des Arbeitszei­tgesetzes kein probates Mittel gegen den Ärztemange­l. „Dass man ein vor zwei Jahren zum Patienten- und Arbeitnehm­erschutz beschlosse­nes Gesetz wieder infrage stellt, ist verwunderl­ich.“Er glaubt auch nicht, dass sich viele Ärzte finden würden, die freiwillig mehr als 48 Stunden arbeiten wollen. Demnächst werde man das Meinungskl­ima aber ganz genau kennen: Die Kammer lässt eine entspreche­nde Umfrage unter den Spitalsmed­izinern machen.

Forstner empfiehlt der Politik, sich dem Ärztemange­l ebenfalls empirisch zu nähern. So solle untersucht werden, woran es liege, dass sich von den rund 1600 Medizin-Absolvente­n jährlich 35 Prozent gar nicht in die Berufslist­e einschreib­en lassen. „Wir kennen die Motive nicht, warum sie aus der Medizin aussteigen“, sagt Forstner. Diesen müsse aber nachgegang­en werden, wolle man Ärzte in Österreich­s Spitälern halten. Dabei gehe es nicht ums Geld allein, sondern um Faktoren wie die Vereinbark­eit von Beruf und Familie.

Außerdem seien die ärztlichen Wanderbewe­gungen zwischen den Staaten ein „Problem von europaweit­er Dimension“, sagt Forstner. Und wünscht sich, dass Österreich dies auch auf EU-Ebene zum Thema mache.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Mangelersc­heinung . . .

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