Bitte mehr Laubsäge-Arbeiten beim Ministerrat!
John Eliot Gardiner kommt nach Salzburg. Und mit ihm eine Flötistin, die ihre Pausen auf besondere Art nutzt.
Nein, das ist nicht die Kulturseite. Trotzdem folgt eine kleine Vorschau auf die Salzburger Festspiele: Anlässlich des 450. Geburtstags von Monteverdi werden in Salzburg drei seiner Opern aufgeführt, und zwar unter der Leitung von John Eliot Gardiner. Da die Aufführungen bereits in einigen anderen Städten zu bewundern waren, kann gefahrlos vorhergesagt werden, dass selbige auch in Salzburg vorzüglich sein werden. Besonders Gardiners Orchester, die English Baroque Soloists, garantiert eine wahrhaft bestrickende Darbietung, und das aus einem besonderen Grund.
Bei Monteverdis Opern ist es nämlich so, dass die Bläser nicht allzu viel zu tun haben. Die Pausen zwischen ihren Einsätzen sind lang und währenddessen sitzen die Musiker untätig im Orchestergraben herum. Nicht so die Flötistinnen der English Baroque Soloists. Bei einer Aufführung von Monteverdis „Die Heimkehr des Odysseus“wurden sie unlängst zwischen ihren Einsätzen bei einer überaus sinnvollen Beschäftigung beobachtet: Die zweite Flötistin häkelte, die erste strickte.
Die dadurch entstehende Atmosphäre ist anheimelnd. Gardiner dirigiert, die übrigen Musiker musizieren, die Sänger oben auf der Bühne singen – und unten sitzt die Flötistin und strickt. Nicht einmal dramatische Ereignisse vermögen sie von ihrer beschaulichen Tätigkeit abzubringen. Penelope beklagt herzzerreißend die Abwesenheit ihres Ehemannes – die Flötistin strickt. Odysseus erschießt mit seinem Bogen die Freier, die Hof und Weib belagert haben – die Flötistin strickt.
Wäre das (und das ist jetzt nur so eine Idee) nicht auch eine lohnende Beschäftigung für Politiker? Auch sie haben ja, wie man bei Parlamentsübertragungen unschwer erkennen kann, zwischen ihren Einsätzen durchaus längliche Pausen. Viele Abgeordnete zum Nationalrat überbrücken die Zeit, in der sie weder das Volk noch sich selbst die Beine vertreten können, mit Zeitunglesen und Handyknopferldrücken. Das sind gewiss lobenswerte und lohnende Beschäftigungen. Aber sollten es die Damen und Herren Mandatare nicht vielleicht einmal mit Stricken versuchen? Das soll wunderbar die Nerven beruhigen.
Auch am Regierungstisch würde ein wenig Handarbeit gewiss nicht schaden. Gerade jetzt im Wahlkampf, wenn die Regierungsarbeit ohnehin ruht, bliebe genügend Zeit, um den einen oder anderen Schal zu stricken. Oder kleinere Laubsäge-Arbeiten durchzuführen. Warum nicht? Selbst die Reparatur von ElektroKleingeräten wäre am grünen Ministerratstisch im Kanzleramt ohne Weiteres zu bewerkstelligen. Alles besser als nur herumsitzen, lehrt uns John Eliot Gardiners Flötistin, deren Namen wir leider nicht kennen.