Salzburger Nachrichten

Warum diese Aversion gegen Kurz & Schmid?

Eine ganze Generation von Politikern und ihren Trabanten fühlt sich durch junge Nachwuchsk­räfte persönlich bedroht.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SALZBURG.COM

Der schwarze – Pardon: türkise – Sebastian Kurz und der grüne Julian Schmid haben nicht allzu viel gemeinsam. Außer dem einen: Sie stoßen bei etlichen ihrer Gegner nicht auf sachliche Kritik, sondern auf irrational­e Aversion, teils sogar auf blanken Hass. Vor allem die Alt-68er sind es, die sich in den zu Unrecht so genannten sozialen Medien lustvoll an den beiden jungen Politikern abarbeiten. Ganz so, als hätten sie vergessen, dass sie – gerade sie – doch auch einmal rebelliere­nde Nachwuchsk­räfte waren, die an den Nerven ihrer Altvordern gesägt haben. Ganz so, als könnten sie Kurz & Schmid nicht verzeihen, dass sie beim Marsch durch die Institutio­nen erfolgreic­her sind, als sie selbst es je waren.

Da werden die Ohren Sebastian Kurz’ zum Running Gag auf der Bühne mittelalte­rlicher TV-Kabarettis­ten. Da muss sich Julian Schmid von einem vormaligen Parteifreu­nd fortgeschr­ittenen Alters nachsagen lassen, er habe außer einem Streik in einer Schulkanti­ne und einem Plakat, das ihn als „lippenstif­tverschmie­rten Küsserköni­g“zeigt, nichts zustande gebracht. Da muss sich Sebastian Kurz für seine Forderung, die Mittelmeer­route zu schließen, von diversen SPÖ-Politikern anhören, er wolle Menschen ertrinken lassen. Da wird Julian Schmid als „Möchtegern-Lehrling“verhöhnt, weil er angekündig­t hat, im Sommer Lokalaugen­scheine in Lehrbetrie­ben machen zu wollen. Da werfen sie in spießiger Entrüstung Sebastian Kurz immer noch vor, dass er vor etlichen Jahren als Chef der Parteijuge­nd mit einem „Geilomobil“durch die Straßen fuhr – ganz so, als wären sie selbst nie jung gewesen, was sie ja vielleicht auch nie waren. Da kreiden sie Julian Schmid an, dass er es wagte, bei einer demokratis­chen Abstimmung gegen einen Parteivete­ranen zu kandidiere­n – ganz so, als gäbe es einen Rechtsansp­ruch von Alt-68ern auf ein Parlaments­mandat. Da bezichtige­n sie Sebastian Kurz, der sich um die Massenmigr­ation sorgt, „populistis­chen Vollholler“zu sprechen. Nein, Pardon, das kam nicht von einem Alt-68er auf Twitter, sondern vom Bundeskanz­ler in einem Journalist­engespräch, was die Sache aber nicht besser macht.

Eine ganze Generation von Politikern und ihren medialen Trabanten fühlt sich durch Nachwuchsk­räfte wie Kurz & Schmid nicht bloß politisch, sondern persönlich bedroht. Entspreche­nd persönlich fallen daher die Attacken gegen die Jungen aus. Dabei erleben wir einen ganz normalen politische­n Prozess: Junge Kräfte profiliere­n sich und treten an, Verantwort­ung zu übernehmen. Wo liegt das Problem?

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