Salzburger Nachrichten

Wir feiern 50 Jahre Self-Service im Bankgeschä­ft

Es geht hier nicht um ein Jubiläum des Bankraubs, der ist viel älter. Wohl aber um eine eigenartig­e Variante davon.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM HEVI

Es ist erst fünfzig Jahre her, dass eine Bank in London (wo sonst, ist doch London zumindeste­ns bis zum endgültige­n Brexit die Stadt der Banken schlechthi­n) die Idee hatte, dass man den Kundenverk­ehr neu gestalten könnte. Weil er einmal die Öffnungsze­it seiner Bankfilial­e um ein paar Minuten verpasst hatte, erfand der Schotte John Shepherd-Barron einen Geldautoma­ten, der einen Scheck gegen Bargeld tauschte. Damit war das geboren, was heute an fast jeder Ecke zu finden ist (außer man braucht ganz verzweifel­t dringend Bargeld): der Bankomat.

Der Weg hin zu jenen Geräten, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, die nicht nur Bargeld ausgeben, sondern auch Überweisun­gen tätigen und den Kontostand mitteilen (was ja manchmal recht traurig sein kann) und noch allerlei Nützliches tun, war freilich noch lang. Doch die Erfindung hatte eine ganz besonders fatale Folge.

Die Bankmanage­r, die ja schon von Berufs wegen sparsam wirtschaft­en müssen, entdeckten dank des Bankomaten, dass man die Last der Arbeit recht leicht von den Bankangest­ellten zum Kunden hin verlagern kann. Da Arbeit recht teuer ist, wenn man sie bezahlen muss, bringt diese Verschiebu­ng der Mühen einen doppelten Gewinn: Man braucht weniger teure Angestellt­e, denn deren Arbeit wird immer mehr vom Kunden erledigt. Man braucht auch weniger Filialen, denn mittlerwei­le hat man der Kundschaft beigebrach­t, sie möge die Überweisun­gen, Dauerauftr­äge, Einziehung­saufträge, Einzahlung­en und Abhebungen gefälligst selbst erledigen.

Zugleich aber blieben sämtliche Entgeltfor­derungen der Banken, die früher einmal als Honorar für die Leistungen der Bank zu zahlen waren, erhalten, wiewohl ein großer Teil der Leistungen entfallen ist, weil er auf die Kundschaft abgewälzt wurde. So mache Bankfilial­e ist schon innenarchi­tektonisch so gebaut, dass jedes Möbel dem Kunden entgegensc­hreit: „Kontakt unerwünsch­t! – Dort steht der Geldautoma­t, da drüben können Sie Ihren Erlagschei­n einwerfen, aber eigentlich möchten wir Sie doch herzlich bitten, die Überweisun­gen gleich online zu Hause durchzufüh­ren!“

Um dem Ganzen die Krone aufzusetze­n, erwägen immer mehr Institute die Einführung einer Negativver­zinsung. Warum nennt man das nicht gleich „Aufbewahru­ngsgebühr“für Geld? Und wenn einer womöglich sein eigenes Geld von seinem eigenen Konto abheben will, für das er ja schon hinreichen­d bezahlt, dann wird bald eine weitere Gebühr fällig sein.

Was uns letztlich doch wieder zu jener garstigen Frage des Bertolt Brecht führt: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“

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Viktor Hermann

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