Wir feiern 50 Jahre Self-Service im Bankgeschäft
Es geht hier nicht um ein Jubiläum des Bankraubs, der ist viel älter. Wohl aber um eine eigenartige Variante davon.
Es ist erst fünfzig Jahre her, dass eine Bank in London (wo sonst, ist doch London zumindestens bis zum endgültigen Brexit die Stadt der Banken schlechthin) die Idee hatte, dass man den Kundenverkehr neu gestalten könnte. Weil er einmal die Öffnungszeit seiner Bankfiliale um ein paar Minuten verpasst hatte, erfand der Schotte John Shepherd-Barron einen Geldautomaten, der einen Scheck gegen Bargeld tauschte. Damit war das geboren, was heute an fast jeder Ecke zu finden ist (außer man braucht ganz verzweifelt dringend Bargeld): der Bankomat.
Der Weg hin zu jenen Geräten, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, die nicht nur Bargeld ausgeben, sondern auch Überweisungen tätigen und den Kontostand mitteilen (was ja manchmal recht traurig sein kann) und noch allerlei Nützliches tun, war freilich noch lang. Doch die Erfindung hatte eine ganz besonders fatale Folge.
Die Bankmanager, die ja schon von Berufs wegen sparsam wirtschaften müssen, entdeckten dank des Bankomaten, dass man die Last der Arbeit recht leicht von den Bankangestellten zum Kunden hin verlagern kann. Da Arbeit recht teuer ist, wenn man sie bezahlen muss, bringt diese Verschiebung der Mühen einen doppelten Gewinn: Man braucht weniger teure Angestellte, denn deren Arbeit wird immer mehr vom Kunden erledigt. Man braucht auch weniger Filialen, denn mittlerweile hat man der Kundschaft beigebracht, sie möge die Überweisungen, Daueraufträge, Einziehungsaufträge, Einzahlungen und Abhebungen gefälligst selbst erledigen.
Zugleich aber blieben sämtliche Entgeltforderungen der Banken, die früher einmal als Honorar für die Leistungen der Bank zu zahlen waren, erhalten, wiewohl ein großer Teil der Leistungen entfallen ist, weil er auf die Kundschaft abgewälzt wurde. So mache Bankfiliale ist schon innenarchitektonisch so gebaut, dass jedes Möbel dem Kunden entgegenschreit: „Kontakt unerwünscht! – Dort steht der Geldautomat, da drüben können Sie Ihren Erlagschein einwerfen, aber eigentlich möchten wir Sie doch herzlich bitten, die Überweisungen gleich online zu Hause durchzuführen!“
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, erwägen immer mehr Institute die Einführung einer Negativverzinsung. Warum nennt man das nicht gleich „Aufbewahrungsgebühr“für Geld? Und wenn einer womöglich sein eigenes Geld von seinem eigenen Konto abheben will, für das er ja schon hinreichend bezahlt, dann wird bald eine weitere Gebühr fällig sein.
Was uns letztlich doch wieder zu jener garstigen Frage des Bertolt Brecht führt: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“