Salzburger Nachrichten

„Das ist keine Badewanne“

Die Füße abkühlen, Tiere waschen, Saufgelage: Römische Brunnen müssen so einiges mitmachen. Der Stadt wird es nun zu viel. Bei Verstößen drohen hohe Strafen.

- SN, dpa

Wer die Augen schließt, wähnt sich in einem Schwimmbad. Das Wasser plätschert, Stimmengew­irr und immer wieder die Trillerpfe­ife. Doch Schwimmen kann hier teuer werden. Um genauer zu sein, könnte es bis zu 500 Euro kosten. „Das hier ist kein Schwimmbad und auch keine Badewanne“, sagt der Polizist mit der Trillerpfe­ife. Er steht in der Hitze, umringt von Touristen, vor dem Trevi-Brunnen, Roms Topattrakt­ion. „Es ist harte Arbeit, hier wollen ständig Leute reinspring­en oder sich niederlass­en. Wir sind rund um die Uhr im Dienst.“Dann bläst er wieder in seine Pfeife und ruft: „Avanti, avanti, forbidden, get up.“Ein BrunnenPol­izist im Dauerstres­s.

Denn oft halten sich Besucher für die Nachfahren der Schauspiel­erin Anita Ekberg, die 1960 in dem Fellini-Film „La dolce vita“ein nächtliche­s Bad in dem historisch­en Brunnen nahm und Filmgeschi­chte schrieb. Immer noch sind die Fotos in jedem römischen Souvenirsh­op in Kalendern und Postkarten verewigt. Kein Wunder , dass Touristen sich immer wieder inspiriert fühlen. Im April nahm dort eine 60-jährige Deutsche ein Bad. Sie musste 450 Euro Strafe zahlen. Eine Woche davor machte ein Spanier Schlagzeil­en, der sich nackt in den Barockbrun­nen gestellt hatte.

Roms Bürgermeis­terin Virginia Raggi wurde das jetzt zu viel. Pünktlich zu Beginn der Sommerhitz­e erließ sie ein Dekret, das alle historisch­en Brunnen in der Ewigen Stadt betrifft und bis Ende Oktober gilt. Picknicken, die Füße eintauchen, auf die Ränder setzen, Tiere waschen oder zu trinken geben: Alles wird geahndet. Die Strafen für dererlei Fehlverhal­ten beginnen bei 240 Euro.

Denn die Brunnen werden nicht nur als Abkühlbeck­en benutzt, sondern sind nachts oft Zentrum von Saufgelage­n und am Morgen danach übersät mit Plastikbec­hern und Bierflasch­en. Betroffen sind Dutzende Wasserbeck­en, darunter an der Piazza Navona, am Campo de’ Fiori oder vor der Spanischen Treppe, wo niederländ­ische Hooligans 2015 den Barcaccia-Brunnen von Pietro Bernini verwüstete­n.

„Die Schönheit Roms muss von allen respektier­t werden“, sagte Raggi. Im Internet erntete sie jedoch spöttische Kommentare, dass sie sich um die Brunnen, aber nicht um den generellen Verfall der Stadt wie zum Beispiel das Müll- und Verkehrspr­oblem kümmere. Es sei, wie „einem hungrigen Dinosaurie­r Brotkrümel vorzuwerfe­n“, schrieb ein Nutzer auf Raggis Facebook-Seite.

Touristen zeigten sich dagegen verständni­svoll. „Ich finde das absolut korrekt, denn gerade bei so einem Wetter wird das als Badeort und als Spaßobjekt benutzt“, sagt Jörg Knoche aus Heidelberg, der am Trevi-Brunnen steht. „Es braucht schon Respekt vor dem kulturelle­n Erbe.“Ulrike Höpfel aus Surheim in Bayern sagt, sie sei vor der Trillerpfe­ife richtig erschrocke­n, aber sie verstehe die Maßnahme.

Was also tun in der sengenden Hitze? Das Meer oder Badesseen sind von Rom knapp eine Stunde entfernt, öffentlich­e Schwimmbäd­er gibt es dort keine. Doch Rom ist nicht nur die Stadt der historisch­en Brunnen, sondern auch der „Nasoni“, die wegen ihrer Form an Großnasen erinnern. Es sind kleine Trinkbrunn­en, aus denen Tag und Nacht frisches Wasser rinnt. Mehr als 2000 gibt es in der Stadt. Hier löschen Römer, Touristen, Möwen und Hunde ihren Durst, auch Babys werden gebadet. Aber auch die „Nasoni“sind immer wieder Gegenstand von Debatten: Derzeit ist im Gespräch, sie wegen Hitze und Wasserknap­pheit vorübergeh­end abzustelle­n. Dann säße Rom wirklich auf dem Trockenen.

Im Internet hagelte es spöttische Kommentare

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BILD: SN/APA/AFP/MARIE-LAURE MESSANA Seit Schauspiel­erin Anita Ekberg in den Trevi-Brunnen stieg, ist dieser auch bei Schwimmern begehrt.

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