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EU verurteilt Google zu Rekordstrafe
Der US-Konzern soll seine Marktmacht bei Preisvergleichen im Internet missbraucht haben und muss mit noch mehr Ungemach aus Brüssel rechnen.
BRÜSSEL. Wer in Google Lego Friends oder ein neues Mobiltelefon sucht, bekommt ganz oben auf dem Bildschirm die Ergebnisse in Google Shopping zu sehen – kleine Kästchen mit Fotos und Kosten des Produkts. Andere Preisvergleichsportale, die das neue Samsung-Telefon vielleicht sogar günstiger gefunden hätten, erscheinen in der weltgrößten Suchmaschine weiter unten, auf der nächsten InternetSeite oder gar nicht.
Genau diese Praxis hat die EUKommission untersucht und ist zum Schluss gekommen, dass der US-Konzern mit Google Shopping seine Marktmacht missbraucht hat. Der Internetkonzern muss daher 2,4 Mrd. Euro Strafe zahlen – mehr als im Vorfeld vermutet und ein neuer Rekord. Die höchste Geldbuße aus Brüssel war bisher 2009 gegen den US-Chipkonzern Intel mit 1,06 Mrd. Euro verhängt worden.
Google droht noch mehr Ungemach: Sollte der Konzern sein Verhalten bei den Preisvergleichsdiensten nicht innerhalb von 90 Tagen abstellen, könnten bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet (Jahresumsatz 90 Mrd. Dollar) als Zwangsgeld verhängt werden, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Die heutige Entscheidung ist ein Präzedenzfall“, betonte Vestager. Google gelte ab jetzt als marktbeherrschendes Unternehmen. Auf dieser Basis werde man auch andere Dienste wie Google Images oder Maps genauer betrachten.
Laut EU-Kommission hat Google bei Suchmaschinen in allen EULändern mehr als 90 Prozent Marktanteil. Die illegalen Praktiken starteten 2008 in Deutschland und Großbritannien, in den Jahren darauf in Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien, Tschechien, Belgien, Dänemark, Norwegen, Österreich, Polen und Schweden. Die Bürger seien um „Innovationen und Auswahl“gebracht worden, sagte EU-Wettbewerbshüterin Vestager.
1,67 Mrd. Suchanfragen wurden analysiert. Sie zeigten, dass Google seinen Shopping-Dienst am Beginn der Ergebnisse platziert hatte, während Konkurrenten „systematisch zurückgestuft“wurden. Auch besonders beliebte Portale kamen im Durchschnitt erst auf Seite vier, bis zu der kaum ein User weiterklickt.
Die Entscheidung der Kommission eröffnet den Weg für Wettbewerber, Schadenersatzansprüche gegen Google vor Gericht geltend zu machen. Shivaun Raff, Mitgründerin des britischen Preisvergleichsportals Foundem, das ein Hauptbeschwerdeführer im Kartellverfahren war, begrüßte Vestagers Vorgehen. „Es kann nicht viele Wettbewerbsfälle gegeben haben, bei denen es für Verbraucher, Unternehmen und Innovation um mehr ging“, erklärte sie in London.
Google hat die Vorwürfe der Brüsseler Behörde zurückgewiesen und erwägt, in Berufung zu gehen. „Beim Online-Einkauf möchte man die gesuchten Produkte schnell und einfach finden. Und Werbetreibende möchten für ebensolche Produkte werben“, rechtfertigte GoogleManager Kent Walker die Vorgangsweise. Daher zeige Google Shopping Anzeigen, die direkt zu Anbietern führten.
Eine Voreingenommenheit der EU gegenüber US-Riesen sieht Vestager nicht. „Ich kann keine Fakten finden, die das untermauern.“Zwischen 2010 und 2017 betrafen 15 Prozent der EU-Wettbewerbsfälle amerikanische Konzerne. Auch die US Federal Trade Commission hatte Google geprüft, den Fall aber im Jahr 2013 geschlossen.
„Was Google getan hat, ist illegal.“ Margrethe Vestager EU-Kommissarin