Nach 140 Jahren ist endgültig Schulschluss
Eine Lungauer Kleinstschule mit nur fünf Schülern wird geschlossen. Ein ganzes Dorf wird zum Abschied in alten Erinnerungen schwelgen.
TAMSWEG. Mit diesem Schuljahr ist Schluss. Die Gemeinde Tamsweg sperrt die Volksschule in Sauerfeld zu. Es gibt nicht mehr genug Kinder in der etwa 500 Einwohner zählenden Ortschaft, die gut vier Kilometer vom Markt entfernt liegt. Nur mehr drei Schülerinnen und zwei Schüler besuchen die Schule.
Martin Prodinger ist acht Jahre alt. Er geht in die zweite Klasse. Ab Herbst muss er in die Volksschule nach Tamsweg pendeln: „In Tamsweg freue ich mich darauf, dass dort mehr Kinder in der Schule sind.“Sein Freund Richard Tonner hingegen hat sich für die Volksschule im Ortsteil Seetal entschieden. Für die Mädchen in der 4. Klasse ist es der Abschied von den Volksschuljahren.
Auch Direktor Josef Schlick muss sich verändern. Er wird ab Herbst Schulleiter in Unternberg. Die Stimmung sei trotz der Schließung auch im letzten Schuljahr gut gewesen, sagt Schlick. „Natürlich gab und gibt es Stimmen in Sauerfeld, die die Schließung nicht verstehen und der Meinung sind, wir hätten noch mehr dagegen machen kön- nen.“Aber die Kritik bleibe leise, weil das Gebäude weiter genutzt werde. „Wehmut ist natürlich nach wie vor dabei.“Die Eltern hätten das Aus akzeptiert. „Die Schüler finden es schade und würden gern weiterhin noch hier zur Schule gehen.“Am meisten werde ihm der Zusammenhalt in Erinnerung bleiben. „In all meinen Jahren hatte ich die Eltern immer auf meiner Seite und ich durfte immer auf ihre Unterstützung zählen.“Nun freut sich Schlick auf ein komplett neues Team im kommenden Schuljahr – und darauf, wieder mehrere Kolleginnen und Kollegen an seiner Seite zu haben. „Ich freue mich auf gefüllte Klassen und natürlich darauf, viele neue Eltern und Schüler kennenzulernen.“
Am 1. Mai 1877 war die Dorfschule in der sogenannten Krenkeusche, einem kleinen Bauernhaus, einklassig eröffnet worden. In den besten Zeiten war die Volksschule dreiklassig. Am Rupertitag 1962 wurde die Eröffnung des Neubaus gefeiert. 1946 hatte ein Hochwasser die Hälfte des alten Hauses zerstört.
Ein historischer Tag für Sauerfeld wird nun auch der 1. Juli 2017: „Schule der Erinnerungen“lautet am Samstag ab 8.30 Uhr das Motto des Abschiedsfests – mit alten Erinnerungsstücken und einer Feldmesse ab 10 Uhr.
Für das Schulgebäude selbst ist es kein Ende. Im Gegenteil. Mit dem Baubeginn am 10. Juli wird es zu einem Neustart kommen. Das Schulhaus bleibt dem Dorf erhalten
„Ich freue mich auf gefüllte Klassen und viele neue Eltern und Schüler.“
– als Begegnungsstätte für Jung und Alt. Bis Dezember wird die Marktgemeinde das Gebäude generalsanieren und in ein neues Mehrzweckhaus umwandeln. Neben den bisherigen Nutzern (Pfarrkindergarten, Physiotherapiepraxis und Arztwohnung) werden, wie berichtet, ein Tageszentrum für Senioren für den Unterlungau, die Feuerwehr und weitere Vereine einziehen.
Die Gemeindevertretung wird die Auftragsvergabe kommenden Montag beschließen. Auch die Flächenwidmung musste von Sonderfläche Schule in Dorfgebiet abgeändert werden. Die Kosten des Projekts beziffert Bürgermeister Georg Gappmayer (ÖVP) mit rund 950.000 Euro. Die Gemeinde habe zirka 800.000 Euro zu tragen. Der Rest komme aus Förderungen des Gemeindeausgleichsfonds sowie des Landesfeuerwehrverbandes. Mehrzweckhaus sei nur ein Arbeitstitel. Die Dorfgemeinschaft werde sich einen neuen, besonderen Namen einfallen lassen.
Befürchtungen, dass auch die VS Seetal geschlossen wird, zerstreut Gappmayer. Seetal an der steirischen Grenze liegt immerhin zwölf Kilometer vom Hauptort entfernt. „Seetal hat zwölf Schüler und ist gesichert. Wir haben die Zusage vom Land und die Berechnung, dass die Schülerzahl stabil bleibt.“Die Schule soll zudem sonderpädagogisch weiterentwickelt werden und verstärkt Kinder mit erhöhtem Förderbedarf aufnehmen können.