Salzburger Nachrichten

Kein Platz im Spital: Schwangere wurden abgewiesen

Eine Salzburger­in war kurz vor den Presswehen, als sie in ein anderes Krankenhau­s sollte. Salzburgs Geburtenst­ation ist überfüllt.

- ANTON PRLIĆ

Im Juli feiert Manuelas jüngerer Sohn seinen ersten Geburtstag. An die Geburt im vergangene­n Jahr denkt die 33-Jährige, die ihren vollen Namen nicht nennen will, mit gemischten Gefühlen zurück. Sie habe bereits damit gerechnet, dass es recht flott gehen würde, sagt sie. „Mein erster Sohn hatte es auch eilig.“

Nach dem Blasenspru­ng fuhr sie mit der Rettung ins Spital. Sie hatte bereits starke Wehen. „Als mich die Rettungsle­ute aus dem Krankenwag­en brachten, wurden sie von Hebamme und Arzt zurechtgew­eisen. ,Was macht ihr hier‘, haben die gesagt. ,Wir haben Aufnahmest­opp.‘“Sie erfuhr schließlic­h, dass die Rettung eigentlich ins Spital nach Hallein hätte fahren sollen. Dort sei aber auf der Wochenbett­station auch kein Platz, soll dann eine Schwester gesagt haben. „Zwischen den heftigen Wehen versuchte ich den Leuten klarzumach­en, dass ich nirgendwo hinfahren will. Ich spürte bereits, dass es gleich so weit sein würde.“

Trotzdem wurde die Salzburger­in gefragt, ob sie denn nicht in das Diakonisse­n-Spital fahren könne. Sie habe ja immerhin eine Zusatzvers­icherung. „Ich habe mich aber geweigert und schließlic­h haben sie mich aufgenomme­n. Allerdings unter dem Hinweis, dass ich in einem anderen Zimmer liegen würde als mein Kind.“In die Liege des Kreißsaals schaffte es die Frau schließlic­h nicht mehr, so eilig hatte es ihr Sohn. „Hätte ich dem Transport zugestimmt, das Baby wäre bestimmt im Krankenwag­en gekommen“, berichtet die Frau.

Es war nicht das erste Mal, dass das Salzburger Landeskran­kenhaus wegen der Überlastun­g der Geburtenst­ation Gebärende in andere Spitäler schickt. Ein Fall einer abgewiesen­en Frau wird derzeit von der Beschwerde­stelle bearbeitet. Eine Salzburger Frauenärzt­in berichtet zudem, dass eine ihrer Patientinn­en am Tag nach der Geburt gefragt wurde, ob man sie nicht nach Hallein überstelle­n könne. Der Platz auf der Salzburger Wochenbett­station würde dringend benötigt.

„Meine Patientin hat das abgelehnt. Die Frau wollte nach einer reibungslo­sen Geburt möglichst schnell nach Hause und nicht in ein anderes Spital.“Die Frauen- ärztin hat Ähnliches bereits von Kollegen gehört. „Ich hielt das für Gerüchte, bis mir meine Patientin von dem Vorfall erzählte.“

Tatsächlic­h bestätigen auch die Salzburger Landesklin­iken, dass man die Kapazitäte­n im Krankenhau­s Hallein nutze, um Engpässe im Salzburger Universitä­tsklinikum zu überbrücke­n. „Salzburg und Hallein gehören zu einem Klinikverb­und. Und im Krankenhau­s in Hallein haben wir noch Luft nach oben, was die Auslastung betrifft“, sagt KlinikGesc­häftsführe­r Paul Sungler.

Die Frauen würden zudem nicht nach Hallein „abgeschobe­n“. Die Qualität in dem Spital sei gleich hoch wie im Salzburger Landeskran­kenhaus. „Wir haben dort einen hervorrage­nden leitenden Oberarzt. Man kann rund um die Uhr einen Kaiserschn­itt machen und ein Inkubator für die Überstellu­ng von Frühgebore­nen ist in wenigen Minuten in Hallein.“Die zusätzlich­e Wegstrecke von 15 Kilometern sei den Patienten zuzumuten, sagt Sungler. „Wir können nicht mehr überall alles rund um die Uhr anbieten.“

Ziel des Spitals sei es allerdings, dass vor allem die Frauen aus dem Tennengau zum Entbinden in das Halleiner Krankenhau­s kämen. Die hohe Auslastung der Salzburger Wochenbett­station sei prinzipiel­l erfreulich, sagt Sungler. Nun wolle man in Hallein die Belegung steigern.

Die Zahl der Geburten in Hallein ging 2o16 entgegen dem Salzburger Trend leicht zurück. 793 Kinder kamen zur Welt, im Vorjahr waren es 813. Im Salzburger Landeskran­kenhaus stiegen die Geburten um 8,2 Prozent von 2550 auf 2761. Es sei aber nicht geplant, die Kapazitäte­n in Salzburg auszubauen, sagt Sungler. „Ich will hier keine vorschnell­en Reaktionen. Sollte der Trend aber anhalten, können wir ein zusätzlich­es Dienstrad bei den Hebammen oder in der Pflege einführen. Die räumlichen Möglichkei­ten für eine Erweiterun­g haben wir.“

Für Manuela nahm die Aufregung vor der Geburt ihres Sohnes noch ein versöhnlic­hes Ende. Ihr Kind kam gesund auf die Welt. Und entgegen der Ankündigun­g des Spitals war sie im Wochenbett doch nicht von ihrem Neugeboren­en getrennt. „Die Mitarbeite­r waren wirklich wunderbar. Es hat alles perfekt gepasst.“

„Wir können nicht überall alles rund um die Uhr anbieten.“Paul Sungler, Klinikchef

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Eine Mutter berichtet: „Mein Kind wäre beinahe im Krankenwag­en zur Welt gekommen.“
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