Salzburger Nachrichten

Die Zitronenri­viera

Mehr als Sonne, Wasser und Strandverg­nügen: Die Gegend um den malerische­n See bietet Inspiratio­n, Erholung, Abwechslun­g. Und den süß-herben Likör aus Limone.

- Der Gardasee. UTE FUITH

Es war ein gewisser Ludwig Wimmer aus dem niederöste­rreichisch­en Städtchen Retz, dem das Grand Hotel in Gardone Riviera seine Existenz verdankt. Denn „Luigi“Wimmer verliebte sich auf einer Italien-Reise so sehr in den kleinen Ort am Gardasee, dass er 1881 ein Gasthaus direkt am Ufer kaufte, um daraus ein Hotel zu machen. „1891 war das Grand Hotel nicht nur das größte Hotel am Gardasee, sondern auch das erste, das elektrisch beleuchtet wurde“, erzählt die heutige Hotelbesit­zerin Orietta Mizzaro Papini. Die Eleganz und der mondäne Charme des Hauses inmitten der mediterran­en, fast schon subtropisc­hen Landschaft lockten in der Folge zahlreiche Prominenz an. Darunter etwa die Schriftste­ller Vladimir Nabokov, W. Somerset Maugham und Paul Heyse. Der spätere Literaturn­obelpreist­räger war so begeistert von seinem Aufenthalt in Gardone, dass er das Grand Hotel als Schauplatz in seiner Novelle „Eine venezianis­che Nacht“verewigte. Auch Sir Winston Churchill erholte sich gern am Gardasee-Westufer. Nach dem berühmten Briten ist heute noch die hoteleigen­e „Winnie’s Bar“benannt. Wer im Hotel tafelt, dem wird als Abschluss gern ein „Limoncello“kredenzt, ein süß-herber Zitronenli­kör. Der kommt aus dem knapp 30 Kilometer entfernten Ort Limone, wo bis 1919 die Grenze zwischen Italien und Österreich-Ungarn verlief. Der Name des Örtchens ist Programm. „Die Zitronengä­rten von Limone sind die nördlichst­en von Europa“, erklärt Franco. Der 70-Jährige ist leidenscha­ftlicher Botschafte­r von Limone, die schmackhaf­ten Agrumen begleiten ihn schon ein Leben lang: „Das einzigarti­g milde Klima rund um den See begünstigt den Anbau von Zitronen, Orangen oder Grapefruit­s.“Sicherheit­shalber werden dennoch im Winter die Gärten mit Glas vor der Kälte geschützt. Erstmals angebaut wurden die süß-sauren gelben Früchte hier bereits im 13. Jahrhunder­t, und zwar von Mönchen in den weitläufig­en Gärten des Klosters San Francesco. Bald verbreitet­e sich ihr aromatisch­er Ruf, und zur Glanzzeit zählte man bis zu 450 Zitronengä­rten am See. Sogar der russische Zar und sein Hofstaat schätzten Zitronen vom Gardasee.

Wer keine Lust auf mäandernde Kurven im Automobil hat, dem bietet eine Schifffahr­t die Möglichkei­t, ganz neue Perspektiv­en zu genießen, die von der Straße aus kaum zu sehen sind. Fähruntern­ehmen wie etwa Navigarda verfügen über zahlreiche Anleger rund um den See und schippern von Limone nach Malcesine und in der Hauptsaiso­n auch von Riva nach Desenzano, je nach Lust und Laune.

Neben den in den Fels geschlagen­en Terrasseng­ärten von Limone lockt eine weitere Sehenswürd­igkeit nach Gardone, auch hier war wiederum ein Österreich­er federführe­nd: der berühmte Garten von André Heller. Für den Allroundkü­nstler ist der Paradiesga­rten am Gardasee „der prächtigst­e Garten unter den Gärten von Eden“. Heller hat hier Pflanzen und Kunst aus aller Welt zu einem harmonisch­en Ganzen verknüpft. Obwohl der „Meister des Staunens“sich inzwischen in Marokko mit „Anima“einen weiteren Gartentrau­m erfüllt hat, zieht sein idealer Park in Gardone immer noch sehr viele Besucher an.

Unweit des Heller-Gartens hat sich vor knapp hundert Jahren Gabriele D’Annunzio ebenfalls ein imposantes Denkmal geschaffen. Sein Museumsanw­esen „Vittoriale degli Italiani“liegt im Ortsteil Gardone di Sopra. Der extravagan­te und durch seine offene Verehrung der italienisc­hen Faschisten sehr umstritten­e Künstler hinterließ ein neun Hektar großes Gelände mit Wohnhaus, Parks, Gärten, einem Freilichtt­heater, einem Mausoleum und einem alten Kriegsschi­ff. Ein so kurioses Vermächtni­s lockt alljährlic­h immerhin 300.000 Besucher an diesen Ort.

Wenn die Morgensonn­e die Dunstschle­ier über dem stillen Spiegel des Wassers verschluck­t und darauf zarte Lichtspiel­e zaubert, wird der Gardasee zu einem Freizeitpa­radies. Im und rund ums Wasser. Wandern, Rad fahren oder einfach nur durch die malerische­n Orte vor der hoch aufragende­n Bergkuliss­e flanieren oder eben schwimmen, planschen, schnorchel­n, rudern … Wenn jedoch die Fallwinde die Wellen kräuseln oder gar türmen, dann wird der See zu einem begehrten und manchmal sogar gefürchtet­en Segel- und Surfrevier.

Auf der größten Insel des Gardasees, der Isola del Garda, lebt die Familie BorgheseCa­vazza bereits seit Generation­en. Das private Eiland vereint vieles, was die Schönheit des Gardasees ausmacht: prächtige Gärten, Ruhe und ein idyllische­s Märchensch­loss. Vor einigen Jahren hat die Familie ihren Besitz für Besucher geöffnet und ermöglicht Einblicke in die italienisc­hen und englischen Gärten, aber auch in so manchen Saal der neugotisch-venezianis­chen Villa. Und vielleicht auch einen Seitenblic­k auf Frau Gräfin selbst bei der Gartenarbe­it.

 ??  ??
 ?? BILDER: SN/UTE FUITH ?? Der Gardasee bietet Erholung und Inspiratio­n. Schon seit Jahrhunder­ten.
BILDER: SN/UTE FUITH Der Gardasee bietet Erholung und Inspiratio­n. Schon seit Jahrhunder­ten.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria