So macht einkaufen schön
Der Markt für dekorative Kosmetik floriert. 208 Millionen gaben die Österreicher zuletzt für Make-up & Co. aus. Tendenz stark steigend.
Entweder Nude-Look – also optisch so natürlich und scheinbar ungeschminkt wie möglich – oder kräftige Farbakzente: So lauten die aktuellen Trends beim Schminken und Schönmachen. Und darauf legen offenbar immer mehr Österreicherinnen, aber auch Österreicher Wert. Der Markt für dekorative Kosmetik boomt.
Rund 208 Millionen Euro gaben die Österreicher im vergangenen Jahr für Make-up, Lippenstift, Wimperntusche & Co. aus, heißt es laut Zahlen von „kosmetik transparent“, einer Informationsplattform der Markenkosmetikbranche. 42 Prozent der Österreicherinnen schminken sich derzufolge täglich, um sich „wohler, gepflegter und selbstbewusster“zu fühlen. Wobei jede vierte Frau auch Männer kennt, die sich zumindest dezent schminken und dabei zu Abdeckcremes fürs Gesicht, Nagelpflegeprodukte und Lipgloss greifen.
Den Gipfel des Booms sieht die Branche noch nicht erreicht. Bis 2021 soll der Markt für dekorative Kosmetik in Österreich auf nahezu 238 Mill. Euro weiter wachsen.
Dementsprechend rasant wächst derzeit das Angebot im Handel. Sowohl in den dm-Drogeriemärkten als auch beim Konkurrenten Bipa hat man massiv aufgerüstet. „Die Nachfrage nach dekorativer Kosmetik steigt überdurchschnittlich, das ist derzeit eines der wichtigsten Segmente für unsere Kundinnen“, sagt dm-Geschäftsführer Harald Bauer. Seit Mai hat man bei dm rund 1000 neue Produkte in der dekorativen Kosmetik und Gesichtspflege gelistet und zusätzliche Regalmeter aufgebaut. Allein das Sortiment von alverde Naturkosmetik hat man um 83 Make-up-Produkte erweitert. Der Werbeslogan dazu lautet: „Schönheit ist wieder naturgegeben.“In Summe habe man nun elf Industriemarken gelistet, darunter die Neuzugänge Revlon und L.O.V., heißt es bei dm.
Die beiden Letzteren hat auch Mitbewerber Bipa neu im Sortiment. Die zum Rewe-Konzern gehörende Drogeriekette setzt in ihren Läden neuerdings auf mehr Natürlichkeit. „Wir gehen weg vom grellen Licht hin zu mehr Wärme“, sagt Bipa-Sprecher Paul Pöttschacher. Man werde im Auftritt „erwachsener“. Gleichwohl bleibe Pink die Markenfarbe. Beim Sortiment befinde man sich derzeit „im größten Umbau der Geschichte“. Das gelte auch für die dekorative Kosmetik.
Befeuert wird der Boom durch mittlerweile zahlreiche „So mach ich mich schön“-Videos im Internet, die vor allem auf die Zielgruppe der „heavy user“der jungen Frauen unter 30 abzielen. Der KosmetikWeltmarktführer L’Oréal hat eine eigene YouTube-Webserie mit sogenannten „Influencern“entwickelt. In den im Durchschnitt acht Minuten langen Videos berichten junge Leute von ihren Erfahrungen mit Kosmetikprodukten. Mehr als 24 Millionen Mal seien die Spots innerhalb eines Jahres angesehen worden, verlautete L’Oréal im März. Die Kassen klingeln. Allein in Deutschland verzeichnete der französische Konzern zuletzt bei Lidschatten, Lippenstift und Puder ein Plus von 7,5 Prozent. Insgesamt erzielte man im Vorjahr auf dem deutschen Markt ein Umsatzwachstum von vier Prozent auf 1,25 Mrd. Euro. Für Österreich hält man sich bei den Zahlen bedeckt.
Während die Make-up-Werbung online boomt, spielt das Internet beim Verkauf offenbar noch keine so richtig große Rolle. Den jüngsten verfügbaren Zahlen von RegioData zufolge wurden 2015 rund sechs Prozent des Umsatzes von Drogerie- und Parfumeriewaren in Österreich online getätigt. Bis 2018 soll sich dieser Anteil jedoch verdoppelt haben. Wobei jeder Österreicher pro Jahr im Schnitt rund 570 Euro für entsprechende Artikel ausgibt, ein Plus von 30 Prozent in zehn Jahren. Neun Prozent aller Konsumausgaben entfallen mittlerweile auf Körperpflege-, Wellness- und Schönheitsprodukte. Damit zählt dieses Segment auch in Österreich seit Jahren zu der am stärksten wachsenden Warengruppe.
Die 3855 Kosmetikstudios und 2065 Nagelstudios in Österreich profitieren ebenso vom Schönheitstrend. Die Nachfrage nach Permanent-Make-up steige, sagt die stellvertretende Fachgruppen-Obfrau der Kosmetiker, Masseure und Fußpfleger in der Wirtschaftskammer Österreich, Christine Schreiner. Bei den Nagelstudios sei „der Hype noch nicht vorbei“. Die jüngst erfolgte Freigabe der Teilgewerbe, unter die auch das Nageldesign fällt, bereitet Schreiner allerdings Sorge. „Die Zahl der Anbieter wird jetzt wohl noch steigen“, sagt sie. Wobei schon jetzt in diesem Bereich „viel gepfuscht“werde. In Niederösterreich will die Wirtschaftskammer für die Ausübung ohne Gewerbeschein mit einer höheren Haftpflicht entgegensteuern. Für Qualitätsbetriebe soll es zudem ein eigenes Siegel geben. Mittlerweile gebe es leider auch in der Kosmetikbranche „viele Schnellsiederkurse“, sagt Schreiner.
Sich schnell mal die Nägel, Augenbrauen oder Wimpern machen lassen, das wird immer öfter auch in den Abflugterminals an Flughäfen oder in Einkaufszentren angeboten. In Moskau gebe es mittlerweile in fast jeder Shopping Mall eine „Brow Bar“, Österreich hinke diesem Trend allerdings noch etwas hinterher, sagt Petra Vancl, Marketingdirektorin von GW Cosmetics, einem österreichischen Hersteller von Haar-, Gesichts- und Körperpflegeprodukten. Mit der Marke „RefectoCil“ist man eigenen Angaben zufolge bei professionellen Haarfärbemitteln für Wimpern und Augenbrauen die weltweite Nummer eins und in 65 Ländern vertreten. Elf Millionen Euro Umsatz will man in diesem Bereich heuer machen. Als Sponsor unterstützt der Kosmetikhersteller unter anderem die österreichische Skispringerin Daniela Iraschko-Stolz.
Was dem 1930 gegründeten Unternehmen mit Sitz in Leopoldsdorf aktuell entgegenkommt: Stärkere, ausgeprägte Augenbrauen und lange volle Wimpern sind wieder angesagt. Derzeit würden sich aber erst zirka zehn Prozent der Frauen, die sich die Haare färben lassen, auch die Augenbrauen und Wimpern färben, sagt Vancl. „Da ist noch viel Entwicklung möglich.“
Schnell mal in der „Brow Bar“schön gemacht