Warum keine Volksbefragung über den Föderalismus?
Was das Bundesheer schaffte, kann auch den Bundesländern gelingen: gestärkt aus einem Referendum hervorgehen.
Bei seinem Urlaubsantritt hat der Bundeskanzler eine Idee hinterlassen, die seither heftig debattiert wird: die Abhaltung einer Volksbefragung über die seit Jahrzehnten geplante Bundesstaatsreform. Die Reaktion der Landeshauptleute war – mit Ausnahme jener der SPÖ – negativ. Reiner Populismus, lautete das Urteil von Salzburgs Wilfried Haslauer.
Es wäre schade, würde die Debatte an diesem Punkt enden. Die ewige Frage „Zentralismus oder Föderalismus?“bedarf endlich einer Klärung. Denn immer kostspieliger und absurder werden die Hilfskonstruktionen, mit denen sie umschifft wird. Man denke an die Bildungsreform, mit der die Schulverwaltung einer gemischten Bund-Länder-Behörde übertragen wird. So kann es nicht weitergehen.
Eine Volksbefragung könnte zum Katalysator für eine ernsthafte Diskussion werden. Zwar ist nicht ganz klar, wie die Fragestellung lauten soll. Die Tausenden Seiten, die der Österreich-Konvent 2003 bis 2005 zu diesem Thema ausgearbeitet hat, kann man schwer der Bevölkerung zur Abstimmung vorlegen. Im Grunde geht es um die Frage, ob die Bundesländer de facto abgeschafft werden sollen oder nicht.
Das erinnert an das Jahr 2013, als die SPÖ – übrigens ebenfalls vor einer wichtigen Wahl – eine Volksbefragung zum Thema „Berufsheer oder Wehrpflicht?“ erfand. Anfangs rechnete man mit einer klaren Mehrheit für die vermeintlich populäre Abschaffung der Wehrpflicht. Doch dann entspann sich eine sachliche, tief greifende Diskussion über die Rolle des Bundesheeres. Und am Ende sprachen sich die Österreicher deutlich für die Beibehaltung von Wehr- und Zivildienst aus. Das Heer ging aus der Angelegenheit eindeutig gestärkt hervor.
Warum sollte das den Bundesländern nicht auch gelingen? Die Diskussion im Zuge einer Volksbefragung könnte Auswüchse des Föderalismus wie neun verschiedene Jugendschutzgesetze oder neun verschiedene Stiegengeländernormen beseitigen. Sie würde der Bevölkerung aber auch vor Augen führen, dass eine Abschaffung der Bundesländer die ländlichen Regionen ihrer wichtigsten Fürsprecher berauben würde. Ein Verzicht auf Landeshauptleute, Landtage und Landesverwaltungen würde die Abwanderung in die Städte und damit die Probleme der Ballungszentren weiter vergrößern.
Die Bundesländer brauchen somit eine Volksbefragung nicht zu scheuen. Sie könnte sogar zum Auslöser dafür werden, dass Bund und Länder endlich zu einer gedeihlichen Arbeitsteilung finden.