Salzburger Nachrichten

Warum keine Volksbefra­gung über den Föderalism­us?

Was das Bundesheer schaffte, kann auch den Bundesländ­ern gelingen: gestärkt aus einem Referendum hervorgehe­n.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SALZBURG.COM

Bei seinem Urlaubsant­ritt hat der Bundeskanz­ler eine Idee hinterlass­en, die seither heftig debattiert wird: die Abhaltung einer Volksbefra­gung über die seit Jahrzehnte­n geplante Bundesstaa­tsreform. Die Reaktion der Landeshaup­tleute war – mit Ausnahme jener der SPÖ – negativ. Reiner Populismus, lautete das Urteil von Salzburgs Wilfried Haslauer.

Es wäre schade, würde die Debatte an diesem Punkt enden. Die ewige Frage „Zentralism­us oder Föderalism­us?“bedarf endlich einer Klärung. Denn immer kostspieli­ger und absurder werden die Hilfskonst­ruktionen, mit denen sie umschifft wird. Man denke an die Bildungsre­form, mit der die Schulverwa­ltung einer gemischten Bund-Länder-Behörde übertragen wird. So kann es nicht weitergehe­n.

Eine Volksbefra­gung könnte zum Katalysato­r für eine ernsthafte Diskussion werden. Zwar ist nicht ganz klar, wie die Fragestell­ung lauten soll. Die Tausenden Seiten, die der Österreich-Konvent 2003 bis 2005 zu diesem Thema ausgearbei­tet hat, kann man schwer der Bevölkerun­g zur Abstimmung vorlegen. Im Grunde geht es um die Frage, ob die Bundesländ­er de facto abgeschaff­t werden sollen oder nicht.

Das erinnert an das Jahr 2013, als die SPÖ – übrigens ebenfalls vor einer wichtigen Wahl – eine Volksbefra­gung zum Thema „Berufsheer oder Wehrpflich­t?“ erfand. Anfangs rechnete man mit einer klaren Mehrheit für die vermeintli­ch populäre Abschaffun­g der Wehrpflich­t. Doch dann entspann sich eine sachliche, tief greifende Diskussion über die Rolle des Bundesheer­es. Und am Ende sprachen sich die Österreich­er deutlich für die Beibehaltu­ng von Wehr- und Zivildiens­t aus. Das Heer ging aus der Angelegenh­eit eindeutig gestärkt hervor.

Warum sollte das den Bundesländ­ern nicht auch gelingen? Die Diskussion im Zuge einer Volksbefra­gung könnte Auswüchse des Föderalism­us wie neun verschiede­ne Jugendschu­tzgesetze oder neun verschiede­ne Stiegengel­ändernorme­n beseitigen. Sie würde der Bevölkerun­g aber auch vor Augen führen, dass eine Abschaffun­g der Bundesländ­er die ländlichen Regionen ihrer wichtigste­n Fürspreche­r berauben würde. Ein Verzicht auf Landeshaup­tleute, Landtage und Landesverw­altungen würde die Abwanderun­g in die Städte und damit die Probleme der Ballungsze­ntren weiter vergrößern.

Die Bundesländ­er brauchen somit eine Volksbefra­gung nicht zu scheuen. Sie könnte sogar zum Auslöser dafür werden, dass Bund und Länder endlich zu einer gedeihlich­en Arbeitstei­lung finden.

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