Salzburger Nachrichten

Ein Orden für beharrlich­es Sitzen in unbequemen Sesseln

Die Sehnsucht nach Orden und das Große Goldene Ehrenzeich­en mit dem Stern für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Der Klubobmann der Freiheitli­chen hat jetzt einen Orden bekommen. Passt ja ganz gut zu dem Mann, der sich seit Kurzem das Image des seriösen Politikers angezogen hat, mit passender Brille, Anzug und Krawatte. Bemerkensw­ert an dem Vorgang ist vor allem, dass der Ministerra­t Strache den Orden bereits vor mehr als fünf Jahren zuerkannt hat. Trotzdem brauchte es einen Amtswechse­l in der Hofburg, ehe sich ein Bundespräs­ident fand, der das entspreche­nde Verleihung­sdekret unterschre­iben wollte. Das spricht für den neuen Bundespräs­identen, nicht für die Praxis der Ordensverg­abe.

Nun ist der Vorgang – abgesehen von der Weigerung des früheren Bundespräs­identen – nicht ungewöhnli­ch. Denn es ist einfach üblich, dass Politiker, die eine gewisse Zeit im Parlament gedient haben, einen Orden erhalten. Ein Blick in die Bestimmung­en darüber, wer welchen Orden erhält, ist aufschluss­reich. Noch viel aufschluss­reicher ist aber, wofür man einen Orden bekommt. Da scheint es so zu sein, dass echte außergewöh­nliche Leistungen weit weniger geschätzt werden als die Tatsache, dass jemand ein Amt innehat und ein gutes Sitzfleisc­h hat. Abgeordnet­e erhalten das Große Goldene Ehrenzeich­en mit Stern nach zehn Jahren braven Sitzens im Nationalra­t.

Nun sagt das ja noch nichts über die Leistung des Politikers aus, nichts darüber, ob er brav in seinem unbequemen Sessel gesessen ist oder in jeder Sitzung mit einer flammenden Rede die Werte der Republik hochgehalt­en und deren Zustand verbessert hat.

Das erinnert an eine Ordensverl­eihung, an der teilzunehm­en ich einst das Missvergnü­gen hatte. Da wurde viel Gold und Silber am Band und ohne, mit Stern und ohne an diverse Hofräte, Amtsräte, Beamte, Professore­n und dergleiche­n mehr verliehen. Zu jedem mit Orden Beliehenen gab es eine kurze Laudatio. Und da schwoll dem Beobachter die Zornesader.

Denn bei all den goldenen und silbernen, besternten und mit Bändern versehenen Ehrenzeich­en war kaum die Rede von außergewöh­nlicher Leistung weit über das Notwendige und Selbstvers­tändliche hinaus. Man hatte den Eindruck, da werde geehrt, wer sich gerade nicht beim Büroschlaf hatte erwischen lassen.

Zum Schluss, ganz zum Schluss aber gab es die bronzene Lebensrett­ermedaille für Feuerwehrm­änner, die unter Einsatz des eigenen Lebens Menschen aus reißenden Flüssen oder brennenden Häusern gerettet hatten. Die Lehre daraus ist erschütter­nd. Wenn einer tut, wofür er ohnehin bezahlt wird, ohne Risiko für seine Gesundheit, für seine Karriere oder sein Wohlbefind­en, dann ehrt ihn die Republik mit Gold und Silber. Wer die eigene Haut riskiert, das Außergewöh­nliche tut, der bekommt das Äquivalent eines freundlich­en Händedruck­s.

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HEVI Viktor Hermann

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