Was lange währt, wird endlich Bud
Acht Jahre nachdem Karl-Martin Pold die Idee gehabt hat, kommt seine Bud-Spencer-Doku „Sie nannten ihn Spencer“endlich ins Kino.
Er suchte sich seinen Vornamen nach seinem Lieblingsbier aus, seinen Nachnamen lieh er sich von Filmlegende Spencer Tracy. Er war Meisterschwimmer, Doktor der Rechtswissenschaften, Erfinder und beispielhaft begeisterungsfähig: Als Carlo Pedersoli vor einem Jahr starb, erfuhren manche erst durch die Nachrufe von den zahlreichen Facetten des italienischen Schauspielstars. Sie kannten ihr nur unter seinem Künstlernamen Bud Spencer, und als Filmfigur war der ewig reizbare Dicke mit der Dampfhammerfaust vielen ein bester Kindheitsfreund.
Nächste Woche kommt die mitreißende Doku „Sie nannten ihn Spencer“ins Kino. Regie führt der Autodidakt Karl-Martin Pold. Er hat acht Jahre lang gekämpft, um sein Projekt zu verwirklichen. Ein Film über Bud Spencer sei Nischenprogramm, hieß es immer wieder von Förderstellen. Sechs Mal lehnte das Österreichische Filminstitut sein Förderansuchen ab. Nun ist es doch gelungen, unter anderem dank der Unterstützung von Fans, die als Kameraleute, Tonleute, Dolmetscher, bei der Programmierung einer Website, bei der Beschaffung von Bratpfannen für Bohnen, beim Finden von Intervieworten und in vielen anderen Funktionen gratis mitzuarbeiten bereit waren.
Und die Zahl derer, die bei diesem Projekt mitmachen wollten, ist überwältigend: 270.000 Fans hat „Sie nannten ihn Spencer“auf Facebook. „Das sind mehr, als Rapid hat“, sagt Pold im SN-Gespräch.
Im Grunde ist das kein Wunder, denn Bud Spencer war nicht irgendein Schauspieler, sondern verkörperte eine eigensinnige Mischung aus Hau-drauf-Komik und Pazifismus. „Es wird zu viel geredet und zu wenig gestorben“, bemängelte ein zeitgenössischer Kritiker angesichts einer der ersten Bud-Spencer-Terence-Hill-Kollaborationen. Dabei war genau das der Reiz dieser Filme, ein Gegenentwurf zur erbarmungslosen Blutigkeit der Spaghettiwestern der 1970er-Jahre. KarlMartin Pold ist es gelungen, viele Wegbegleiter von Bud Spencer aufzutreiben, von Terence Hill über die ewigen Bösewichter Mario Pilar und Riccardo „Silberlocke“Pizzuti, die Musiker Oliver Onions bis hin zum Stunt-Choreografen Ottaviano Dell’Acqua.
„Ich habe jedes Jahr ein Stück gedreht, ich konnte ja nicht auf die Förderung warten – und das waren ja allesamt schon sehr alte Herren“, sagt Pold über seine Arbeit. All diese Männer werden in der deutschen Synchronfassung von ihren ursprünglichen Stimmen gesprochen. Der legendäre Dialogregisseur Rainer Brandt, dessen unvergesslichen Flapsigkeiten ein Gutteil der Beliebtheit der Filme im deutschen Sprachraum zu verdanken ist, hat beim Off-Text von „Sie nannten ihn Spencer“spürbar mitgemischt. Eingesprochen werden die Texte von Terence Hills Synchronstimme Thomas Danneberg.
Eingebettet sind diese Herrlichkeiten in die Geschichte der Odyssee zweier glühender Bud-Fans, des ehemaligen Polizisten Markus und des blinden Bankbeamten Jorgos, die quer durch Europa reisen auf den Spuren ihres Idols. Vielleicht bekommt diese Reise etwas zu viel Platz im Film, aber bei einer so spürbar liebevollen Arbeit ist das nicht schlimm.
Der Film „Sie nannten ihn Spencer“ist keine Filmbiografie von Carlo Pedersoli, aber das behauptet Karl-Martin Pold auch nicht. Vielmehr ist es eine Feier der Kunstfigur, voll staunender, unwiderstehlich ansteckender Bubenbegeisterung über diesen Bud Spencer, den es nur auf der Leinwand gab und mit dem Carlo Pedersoli im Leben immer wieder verwechselt wurde. Doch aus dieser Verwechslung ergibt sich keine dramatische Fallhöhe, im Gegenteil, der alte Pedersoli, der die beiden Fans am glücklichen Ende des Films doch bei sich daheim empfängt, ihre Huldigungen freundlich anhört und sie sogar zum gemeinsamen Spaghettiessen lädt, der aussieht wie ein Nikolaus mit seinem inzwischen langen, weißen Rauschebart, überwältigt mit seiner Großzügigkeit.
„Carlo Pedersoli und Bud Spencer hatten ein Herz“, sagt er, „es ist dasselbe Herz.“Wenn zum Schluss eine weiße Himmelsleiter steht und „Carlo Pedersoli 1929–2016“, dann haben alle, alle, alle feuchte Augen, anders ist es nicht denkbar. Und alle wollen danach sofort einen BudSpencer-Film schauen – oder am liebsten gleich alle. Kino:
Sie nannten ihn Spencer. Doku, Ö/D 2017. Regie: Karl-Martin Pold. Mit Bud Spencer, Terence Hill, Riccardo Pizzuti, Ottaviano Dell’Acqua, Mario Pilar. Start am 27. Juli.