Salzburger Nachrichten

Geistig abnorme Täter sollen in eigene Zentren kommen

900 geistig abnorme Rechtsbrec­her gibt es derzeit in Österreich. Während die Zahl steigt, sucht die Justiz nach neuen Wegen, wie man mit ihnen umgehen soll.

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WIEN. Nach außen hin Gefängnis, nach innen hin Krankenhau­s. So stellt sich Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) jene Zentren vor, in denen zukünftig psychisch beeinträch­tigte Straftäter untergebra­cht werden sollen.

In der jüngeren Vergangenh­eit sorgten immer wieder Fälle mit dieser Tätergrupp­e für Aufsehen. Etwa der Amokfahrer von Graz im Jahr 2015 oder die Bluttat im Vorjahr am Wiener Brunnenmar­kt (siehe Kasten). Die Justiz tat sich in diesen Fällen bislang schwer. Der Maßnahmenv­ollzug, der den Umgang mit geistig abnormen Straftäter­n bisher festschrei­bt, war laut Justizmini­sterium nur lose geregelt. Dabei nahm laut Brandstett­er die Zahl der geistig abnormen Rechtsbrec­her in den letzten Jahren massiv zu, zuletzt stieg sie auf rund 900 Personen. Insgesamt gibt es derzeit 8858 Insassen in österreich­ischen Gefängniss­en.

Der Umgang mit psychisch beeinträch­tigten Straftäter­n soll laut dem Justizmini­ster völlig neu geregelt werden. Kernstück ist eben die Schaffung einer ausreichen­den Zahl von „forensisch-psychiatri­schen Zentren“. Fachärzte sollen die Insassen betreuen, die Außensiche­rung soll die Justizwach­e übernehmen.

Als Beispiel dafür kann laut Brandstett­er die bereits bestehende Sonderanst­alt in Linz-Asten gelten. Justizanst­alten wie Krems-Stein oder Garsten, wo derzeit beide Gruppen – wenn auch in unterschie­dlichen Abteilunge­n – untergebra­cht sind, soll es in Zukunft nicht mehr geben. „Diese Reform soll den Strafvollz­ug maßgeblich verändern“, erklärte der Minister. Seit Jahren diskutiere­n Juristen über den nur spärlich geregelten Maßnahmenv­ollzug. 2014 sorgte ein Fall im Gefängnis Krems-Stein für Aufsehen. Ein psychisch kranker Insasse war schwer verwahrlos­t, unter anderem hatte er eitrige Geschwüre an den Füßen. „Um künftig Fälle wie jenen in KremsStein zu verhindern, wird auch das Vollzugspe­rsonal enger in die gesamte Fürsorge und Betreuung der Untergebra­chten eingebun- den“, erklärte der Justizmini­ster am Dienstag. Derzeit hat aber gerade die Justizwach­e mit einem massiven Personalma­ngel zu kämpfen.

Die Gerichtsps­ychiaterin Sigrun Roßmanith begutachte­t immer wieder geistig abnorme Straftäter. Für sie ist klar, dass ein „Maßnahmenv­ollzug neu“auf die verschiede­nen Abstufunge­n psychische­r Erkrankung­en Rücksicht nehmen muss: „Die Justiz muss auf jeden Fall verschiede­ne

„Diese Reform soll den Strafvollz­ug maßgeblich verändern.“Wolfgang Brandstett­er, Justizmini­ster

Gefährdung­sstufen miteinrech­nen, dafür bräuchte es Flexibilit­ät im Justizappa­rat, die derzeit fehlt“, sagte die Gutachteri­n auf SN-Nachfrage.

Justizmini­ster Brandstett­er zufolge sollen auch die Kontrollmö­glichkeite­n von psychisch beeinträch­tigten Straftäter­n verbessert werden, etwa durch alternativ­e Maßnahmen wie die elektronis­che Überwachun­g mittels Fußfessel. „Es soll nicht mehr sein, dass man kranke Menschen ohne weitere Kontrolle entlässt“, so Brandstett­er.

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BILD: SN/APA Justizwach­ebeamte sollen in Zukunft speziell für den Umgang mit psychisch kranken Tätern geschult werden.
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