Salzburger Nachrichten

Soko Brunnenmar­kt: Lehren aus dem Eisenstang­en-Mord

- Anja Kröll

Es sind 13 Seiten, die beim Lesen vor allem eines auslösen: Kopfschütt­eln. Sie umfassen die Erkenntnis­se der Soko Brunnenmar­kt. Jener Sonderkomm­ission, die den Fall eines heute 22-jährigen Kenianers evaluiert hat, der im Mai 2016 eine 54-Jährige am Brunnenmar­kt mit einer elfeinhalb Kilogramm schweren Eisenstang­e erschlagen hat. Obwohl er den Behörden bekannt, psychisch krank, vorbestraf­t und zur Aufenthalt­sermittlun­g ausgeschri­eben war. „Es wurde nicht das Falsche getan, sondern das Richtige unterlasse­n“, bilanziert­e Soko-Leiter Helfried Haas am Dienstag. Gemeint ist eine behördlich­e Parallelwe­lt. Viele wussten ein wenig, aber keiner hatte den Überblick. Wie folgende Beispiele zeigen: 2011 wurde über den Kenianer eine Bewährungs­strafe verhängt – allerdings ohne Bewährungs­hilfe. In der U-Haft wurde der Verdacht auf eine wahnhafte Störung festgehalt­en. Diese Informatio­n ging aber weder an die Staatsanwa­ltschaft noch an das Gericht. Dafür an die Jugendge- richtshilf­e, die dies aber nicht dem Gericht meldete. Die Ergebnisse einer psychologi­schen Untersuchu­ng wurden nicht einmal an die Chefärztin weitergege­ben – aus Datenschut­zgründen. Und schließlic­h: 2015 verletzte der Kenianer bereits zwei Frauen mit einer Eisenstang­e. Von der Justiz war der Mann zu diesem Zeitpunkt zur Aufenthalt­sermittlun­g ausgeschri­eben. Die Polizei am Brunnenmar­kt hatte regelmäßig mit dem Kenianer zu tun. Zur Justiz sprach sich dies allerdings nicht durch. Vernetzung, Vernetzung, Vernetzung: Das ist die zentrale Erkenntnis der Soko. So werden „klare legistisch­e Regeln“gefordert, „damit Behörden in Zukunft beim Austausche­n von Informatio­nen nicht an einer Verletzung des Amtsgeheim­nisses vorbeischr­ammen“. Des Weiteren werden Polizeiamt­särzte ab Oktober im Erkennen psychische­r Auffälligk­eiten geschult. Fallkonfer­enzen von Justiz und Polizei befinden sich im Versuchsst­adium. Der Kenianer wurde als nicht zurechnung­sfähig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her eingewiese­n.

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