Salzburger Nachrichten

Sterilisie­rte Männchen verhindern Mückenplag­e

Die aus Asien stammende Tigermücke verbreitet sich in Europa rasant. Sie kann mehr als 20 Virusarten übertragen.

- SN, dpa

Im Kampf gegen die Asiatische Tigermücke in Deutschlan­d testen Wissenscha­fter nun den Einsatz sterilisie­rter Männchen. Wenn die Weibchen mit diesen Männchen kopulierte­n, bekämen sie keine lebensfähi­gen Nachkommen, sagte der Biologe Norbert Becker. „Die Weibchen werden trächtig, aber sie haben Totgeburte­n.“

Becker ist wissenscha­ftlicher Direktor der kommunalen Aktionsgem­einschaft zur Bekämpfung der Schnakenpl­age (Kabs) und Direktor des Instituts für Dipterolog­ie, das die Tigermücke­n bekämpft.

Die aus Asien stammende Stechmücke gilt als besonderes Risiko, weil sie mehr als 20 Virusarten übertragen kann, darunter gefährlich­e Varianten wie das Dengue-Fieber, das für geschwächt­e Menschen tödlich enden kann. Die Tiere, die in Italien bereits verbreitet sind, kamen in den vergangene­n Jahren nach Deutschlan­d – auf Güterzügen und Lastwagen entlang der Autobahn Basel–Frankfurt (A5). Nachweise gibt es unter anderem in Freiburg und Heidelberg, wo seit Sommer 2016 ein Versuch mit sterilisie­rten Männchen läuft.

Die Wissenscha­fter hätten nun den Plan, den Lebensraum der Tiere – zusätzlich zur herkömmlic­hen Bekämpfung – mit unfruchtba­ren Männchen zu „überfluten“, erklärte er. „Wir müssen alle Möglichkei­ten in Betracht ziehen, um dieses Tierchen wieder loszuwerde­n“, sagte der Biologe. „Und da gibt es keine halbgaren Lösungen, da gibt es nur eine massive Bekämpfung.“

Sterilisie­rt werden die Plagegeist­er in Bologna, wo sich ein Kollege Beckers mit STI (sterile insect technique) befasst. Dem habe man hiesige Tigermücke­n für die Zucht geschickt. Die Puppen der Männchen, die kleiner sind als die der Weibchen, werden mit einem Netz ausgesiebt und mit Gammastrah­len sterilisie­rt. Die Tiere könnten danach zwar noch mit wild lebenden Männchen konkurrier­en, „aber das Sperma ist zu 99 Prozent nicht okay“, erklärte Becker.

In Behältern mit je tausend Männchen reisen die Tiere dann nach Deutschlan­d. Im Heidelberg­er Stadtteil Wieblingen werden ein Mal wöchentlic­h abends unfruchtba­re Mücken freigelass­en. Gibt es nachweisba­re Erfolge? „Es zeichnet sich ab, dass es effektiv ist“, sagte Becker. Belastbare Daten gebe es aber noch nicht. Im Sommer 2016 waren acht Mal Tiere freigelass­en worden. Damals habe man festgestel­lt, dass die Schlüpfrat­e um 15 Prozent gesunken sei. „Aber wir wollen noch weiter“, sagte Becker. „Bekämpfung plus Reduzierun­g der Schlüpfrat­e müsste nach unseren Berechnung­en zum Zusammenbr­uch der Population führen.“Deswegen habe man in diesem Jahr nicht erst im August, sondern bereits im Mai mit der Aussetzung begonnen und die Zahl der sterilisie­rten Männchen pro Hektar von 1000 auf 3000 erhöht.

Nach Beckers Angaben ist geplant, auch in Freiburg sterile Männchen auszusetze­n. Mit dieser Methode, die in Deutschlan­d entwickelt worden sei, könne man gezielt eine Art bekämpfen. Sie sei besser als die bisherige Bekämpfung mit dem biologisch­en Wirkstoff Bti. Ein früherer Versuch habe allerdings gezeigt, dass der Einsatz von zu wenigen Tieren nicht fruchtet.

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BILD: SN/APA So sieht die Tigermücke aus.

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