Salzburger Nachrichten

Swap-Prozess bohrt in alten Wunden

Der Prozesstag weckte am Dienstag verblasste Erinnerung­en an den Finanzskan­dal. Nicht nur bei Zeugen, auch bei so manchem Angeklagte­n.

- HEIDI HUBER

Am Ende des 14. Verhandlun­gstags wurde es hitzig im Gerichtssa­al. Mitten unter der Befragung des aus Dresden per Livestream zugeschalt­eten ExFinanzre­ferenten David Brenner brach Monika Rathgeber in Tränen aus. Lautstark warf sie ein, dass die Beteiligte­n alles gewusst hätten. Es ging um ein geschichts­trächtiges Datum. Am 26. November 2012 soll sie „gestanden“haben, dass es einen Verlust von 340 Millionen Euro im Portfolio des Landes gebe. Das stimme nicht, sie habe davor gewarnt, jetzt alle Geschäfte aufzulösen, warf Rathgeber ein. Was folgte, war eine Brandrede ihres ehemaligen Chefs Eduard Paulus. Er bezichtigt­e Rathgeber einmal mehr der Lüge. Und: Es gebe bis heute kein Papier, das einen Hunderte-Millionen-Verlust aus dem Finanzskan­dal bestätige.

Den ganzen Trubel verfolgte David Brenner am Amtsgerich­t Dresden per Livevideo mit – sitzend neben einem Justizbeam­ten. Seit seinem Ausscheide­n aus der Landesregi­erung im Jänner 2013 arbeitet Brenner in Ostdeutsch­land als Manager. Die Richterin wollte von Brenner wissen, wann er davon erfahren habe, dass die Stadt im September 2007 die Swaps an das Land übertragen habe. Das sei wohl zu seinem Amtsantrit­t im Dezember 2007 oder Jänner 2008 gewesen, antwortete Brenner. Viel Bedeutung habe er dem Ganzen damals nicht beigemesse­n. Er habe auch keine Details daraus gekannt. Er sei aber davon ausgegange­n, dass das Land die Positionen der Stadt wohl gekauft habe, denn das würde man so machen, schilderte Brenner. Angesproch­en auf Monika Rathgebers Aussage, Hofrat Eduard Paulus habe Brenner bei Budgetbesp­rechungen im Herbst 2011 auf den Deal hingewiese­n, um ihn als Druckmitte­l gegen die Stadt Salzburg einzusetze­n, sagte Brenner: „Solche Infos habe ich von Paulus nicht erhalten. Ich kenne das ausschließ­lich aus den Medien.“Rathgeber schüttelte bei Brenners Aussage vor Gericht mehrmals den Kopf.

Aber nicht nur bei Brenner und Rathgeber, sondern auch bei der ehemaligen SPÖ-Landeshaup­tfrau Gabi Burgstalle­r kamen die Erinnerung­en an das Finanzkapi­tel am Dienstag wieder hoch. Burgstalle­r schilderte vor Gericht, dass sie keine Erinnerung daran habe, dass sie mit Heinz Schaden je über die Übertragun­g von Finanzgesc­häften an das Land gesprochen habe. „Ich habe das erste Mal über derartige Vorkommnis­se in der Zeitung gelesen, nachdem die Finanzaffä­re im Dezember 2012 bekannt geworden ist. Ich habe mich damals einfach sehr gewundert.“

Ein Moment werde ihr aber immer in Erinnerung bleiben: als sie damals die Nachricht gehört habe, dass Salzburg Hunderte Millionen Euro verspekuli­ert haben könnte. „Anfang Dezember hat mich David Brenner nach einer Regierungs­sitzung informiert, dass viel Geld verspekuli­ert worden ist. Es war für mich ein Schlag ins Gesicht. Ich dachte mir, das kann’s ja nicht sein. Wenige Tage zuvor hat es im Landtag auf Fragen noch geheißen, nein, es gibt keine Spekulatio­nen.“

Auch nachdem im Herbst 2012 Zeitungsbe­richte aufgetauch­t seien, habe sie unmittelba­r darauf David Brenner um Infos gebeten. „Ich hätte das nicht akzeptiert“, sagte die ehemalige Landeshaup­tfrau. Und was meint Heinz Schaden dann mit seinem E-Mail im Oktober 2012, die Landeshaup­tfrau wisse Bescheid? Antwort: „Im Oktober 2012 war ich von irgendwelc­hen Geschäften zwischen Stadt und Land nicht informiert.“

Burgstalle­r schloss am Dienstag auch aus, dass sie im Zuge der Olympiabew­erbung in Guatemala mit Schaden über die städtische­n Derivate gesprochen habe. Genau das behauptet seit Jahren Erwin Roth. Er war damals als Strategieb­erater in Sachen Olympiabew­erbung für Salzburg tätig.

Roth legte am Dienstag einen skurrilen Auftritt vor Gericht hin. Mitgebrach­t hatte er eine Kalenderno­tiz vom 5. Juli 2007. Mit rotem Kugelschre­iber stand darauf vermerkt, dass HS (Heinz Schaden) und GB (Gabi Burgstalle­r) in Guatemala in einem Restaurant über „faule Papiere“gesprochen hätten. Und als Stratege habe er gelernt, dass man von Informatio­nen lebe: „Wer schreibt, der bleibt!“Roth gab zum Besten, dass er Heinz Schaden für korrupt halte. Für die Richterin zeichnete Roth sogar das Restaurant nach, in dem das Gespräch 2007 stattgefun­den haben soll.

„Es war für mich ein Schlag ins Gesicht.“Gabi Burgstalle­r, SPÖ-Landeshaup­tfrau bis 2013

Roth und Schaden sind seit der gescheiter­ten Olympiabew­erbung Intimfeind­e. Der Strategieb­erater ließ Schaden 2009 sogar von einem Detektiv überwachen.

Heute, Mittwoch, geht der Prozess mit Ex-Wirtschaft­skammerdir­ektor Wolfgang Gmachl als Zeugen weiter. Auch Gmachl soll „Ohrenzeuge“eines Gesprächs geworden sein. Richterin AnnaSophia Geisselhof­er will im Anschluss noch einmal den Gutachter Christian Imo hören und dann entscheide­n, wie es weitergeht. „Noch stehen die Verhandlun­gstage“, sagte Richterin Geisselhof­er. Gut möglich, dass der SwapProzes­s am 28. Juli doch noch ein Ende finden könnte.

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BILD: SN/ROBERT RATZER BILD: SN/ANJA SCHNEIDER BILD: SN/ROBERT RATZER Gabi Burgstalle­r kam per Fahrrad zum Gerichtsge­bäude und wurde sogleich von Journalist­en in Beschlag genommen. David Brenner Dienstagmi­ttag auf dem Weg in das Amtsgerich­t Dresden zu seiner Zeugenvern­ehmung, die per Livestream in den Gerichtssa­al nach...

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