Kabelkämpfer abgeblitzt Monster-Prozess droht
Im 380-kV-Streit hatten sich die Gegner der Freileitung mehr von der zweiten Instanz in Wien erwartet. Die Bürgerinitiativen sind uneinig.
„Das habe ich in 30 Jahren noch nie erlebt.“Adolf Concin, Rechtsanwalt
Deutliche Dämpfer mussten die Salzburger Erdkabel-Befürworter schon am zweiten Tag der 380-kV-Berufungsverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Wien hinnehmen. Die Kabelkämpfer hatten sich von der Auseinandersetzung in der zweiten Instanz viel mehr erwartet. Nicht nur der Projektbetreiber Austrian Power Grid (APG), sondern auch die Gutachter für Energiewirtschaft, Elektrotechnik und Humanmedizin (in puncto elektromagnetischer Strahlung) schmetterten am Dienstag die Bedenken und Vorschläge von Bürgerinitiativen und Anrainergemeinden im Wesentlichen ab.
Für Unmut unter betroffenen Grundeigentümern und Anrainern sorgt außerdem, dass das Gericht ihre Wortmeldungen ständig unterbricht, weil die Protokollierung sehr lang dauert. „Das habe ich in 30 Jahren Anwaltstätigkeit nie erlebt“, sagte Adolf Concin, durch die ständi- gen Unterbrechungen des Verfahrensflusses könnten Beweise verloren gehen. Auch Sachverständige mussten ihre Ausführungen oft im „Zeitlupentempo“wiederholen.
Ein weiteres Problem ist die Uneinigkeit zwischen den Initiativen. Eine Gruppe um die Gemeinden Eugendorf und Koppl will eine Teilverkabelung für ihre „sensiblen Gebiete“. Andere wiederum, wie die vom Tennengau ausgehende Interessengemeinschaft Erdkabel, fordern eine Vollverkabelung der 113 Kilometer langen Strecke von Elixhausen bis Kaprun. Unterschiedliche Fachmeinungen gibt es auch zur Frage, ob vier Systeme (zur doppelten Sicherheit) notwendig sind oder ob zwei Systeme ausreichen. Die „Teilverkabler“möchten vier verwirklichen, die anderen nur zwei – auf einer nur wenige Meter breiten Trasse entlang der Gasleitung im Salzachtal, was die Projektbetreiber für technisch undurchführbar halten. Der Streit konzentriert sich auf die Frage, was im Störfall passiert: etwa bei einem Orkan, der Masten kippt, oder bei einer Mure, die das Kabel wegreißt. Jede Seite sagt über die jeweils „feindliche“Technologie, die Reparatur würde viel länger (bis zu Monate) dauern.
In der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung droht ein Monster-Prozess. Es kommt zu Verzögerungen. Schon jetzt steht so gut wie fest, dass die fünf Verhandlungstage nicht reichen werden. Am kommenden Montag ist noch ein regulärer Termin. Dann sind drei Ersatztage eingeplant. Eine Entscheidung des Senats aus drei Richterinnen dürfte wohl Monate dauern. Weitere Berufungen gelten als sicher. Bis zum Bau der „Stromautobahn“könnten noch Jahre vergehen.