Die Ur-Suppe der Esskultur
Heute zeigt uns Barbara „Wetti“Saller, wie man eine Schottsuppe kocht. Nebenbei konnten wir eines der letzten Rätsel der Menschheit enthüllen.
DORFGASTEIN. Die Entstehung des Universums verdanken wir dem Urknall. Und das Überleben in den Bergen verdanken wir dem Schotten. Beim Schotten handelt es sich übrigens nicht um einen sparsamen Inselbewohner. Der Schotten ist ein Topfen. Auf der Kögerlalm, bei Barbara „Wetti“Saller, lernen wir: Er ist sogar mehr als das. Der Schotten ist eine Art „Missing Link“. Er ist nicht mehr Milch und noch nicht Käse. Und vor allem ist er als Frischkäse ein Geniestreich auf jedem Brot. Jetzt kann man auch nicht sagen, dass uns Wetti heute mit ihrer „Schottsuppe“ein Rezept beibringt. Wenn Sie Filterkaffee mit Milch hinkriegen, schaffen Sie auch diese Suppe mit links. Das Kochen einer Schottsuppe ist zuallererst eine Lebenseinstellung. Wer ihren urtümlichen und unverfälschten Geschmack kosten will, der muss auf jeglichen Schnickschnack verzichten. Vor allem aber muss er die Finger von Hilfsmitteln wie Stabmixer oder ähnlichen Störenfrieden lassen. Wetti braucht dazu nur einen Schneebesen, Liebe zum Gast und Ausdauer. Diese Art zu kochen hat sie von ihrer Mutter gelernt, die diese Art zu kochen von ihrer Mutter gelernt hat, und von wem diese sie gelernt hat – da dürfen Sie jetzt drei Mal raten.
Wir malen uns jetzt lieber einmal aus, welche Freude es in den Bergen eines Tages jenem Bauern oder jener Bäuerin bereitet haben muss, als er oder sie zum ersten Mal Schotten und hartes Brot mit heißem Wasser übergoss. Vielleicht war es auch nur Zufall. Einem solchen dürfte auch die Erfindung des Schottens zu verdanken sein. Man muss dazu ja nur Milch aufkochen und sie so lang vergessen, bis sich Milchsäure bakteriell bildet. Man kann das auch beschleunigen, indem man Essig hinzufügt. Dadurch flockt das Eiweiß aus. Und diese topfenähnliche Masse muss nur noch abgeschöpft und getrocknet werden. Wir lernen: Frischkäse braucht ganz schön lang, bis er frisch ist.
Es gibt den Schotten auch gewürzt und geselcht. Dann schmeckt er himmlisch wie eine Mischung aus Parmesan und Speck.
Wetti aber mag den Schotten am liebsten pur. Sie hat auf ihrer Kögerlalm genug zu tun, um sich noch irgendwelchen Spielereien hinzugeben. Kein Wunder, dass ihr Schotten auf uns – so wie er jetzt auf der Anrichte steht – wie ein Denkmal wirkt. Ein Denkmal für den Überlebenswillen der Menschen in den Bergen. Aber er ist auch anpassungs- und ausbaufähig. Als Suppe, als Aufstrich oder mit Mehl vermischt als Schottnocken. Man kann ihn auch als Reibkäse über das Risotto, über Nudeln oder die Pizza hobeln und damit diesen Gerichten eine ganz spezielle Note verleihen.
Woher der Schotten seinen Namen hat, das weiß übrigens bis heute niemand. Aber wir haben jetzt zumindest eine Idee: Der Schotten ist ja wie der Heilige Gral der Kochkunst. Er ist unkompliziert, bescheiden – und er wirkt. Da fällt uns Dan Brown ein. In seinem Buch „Da Vinci Code“führt der Weg des Heiligen Grals ja über Rosslyn in Schottland nach Paris. Jetzt, da wir wissen, wo der Schotten herkommt, nämlich aus den Salzburger Bergen, behaupten wir: Schottland wurde nach unserem Schotten benannt.