Salzburger Nachrichten

Donald Trump macht das Weiße Haus zum Bunker

Der US-Präsident fühlt sich verfolgt und ungerecht behandelt. Nun soll einer seiner Getreueste­n verantwort­lich sein.

- Martin Stricker MARTIN.STRICKER@SALZBURG.COM

Jeff Sessions war einer der ersten und treuesten Trump-Fans. Der stramm konservati­ve Senator aus Alabama unterstütz­te und begleitete den Wahlkampf Donald Trumps. Er verteidigt­e den Kandidaten, warb für ihn, ebnete ihm nach Kräften den Weg und wurde schließlic­h Justizmini­ster.

Nun kanzelte ihn sein Präsident öffentlich ab. In einem Interview mit der „New York Times“bedauerte er, Sessions in sein Kabinett geholt zu haben. Denn der Minister, so der Vorwurf, habe sich in der Russland-Affäre für befangen erklärt, anstatt ihn, Trump, vor dem FBI zu schützen. Nun habe er sogar Sonderermi­ttler Robert Mueller am Hals.

Also: Hätte Donald Trump gewusst, dass Jeff Sessions so rechtschaf­fen ist, hätte er ihn nie zum Minister bestellt. So viel zum Verhältnis nicht eines Mafiabosse­s, sondern des US-Präsidente­n zur Unabhängig­keit der Justiz und Gleichheit vor dem Gesetz.

So wenig Trump in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit von seinen Wahlverspr­echen umsetzen konnte, so sehr erscheinen die USA mittlerwei­le als Zerrbild ihrer selbst – als Vereinigte Amerikanis­che Emirate sozusagen: Menschenre­chte, Demokratie, Transparen­z, Offenheit, Umwelt eher nein. Autoritäre­s Gehabe, Ölreichtum, Prunk, Familiencl­an und das Verschwimm­en von öffentlich­en und privaten Interessen eher ja. Logisch, dass Donald Trump dem vom Justizmini­sterium eingesetzt­en Sonderermi­ttler drohte: Sollte er sich mit den Finanzen des Clans befassen, sei eine rote Linie überschrit­ten. Tatsächlic­h hat Robert Mueller, ein ehemaliger FBI-Chef, bereits Experten für Geldwäsche und Wirtschaft­skriminali­tät in sein Team geholt. Es geht um verdächtig­e Geldströme zwischen Trumps Firmen und Russland.

Überhaupt Russland. Nächste Woche müssen Trump jun. und Schwiegers­ohn Jared Kushner in der Causa vor dem Kongress aussagen. Immerhin war der Herr Sohn, wie er selbst mitteilte, begeistert von der Aussicht, im Wahlkampf belastende­s Material über Hillary Clinton vom Kreml geliefert zu bekommen, und hat gleich auch Kushner zum Termin mitgenomme­n. Ob Moskau geliefert hat oder nicht, ist noch ungeklärt.

Der Verdacht, der US-Präsident und seine Familie pflegen eine gelinde gesagt besondere, jedenfalls aber geheime Beziehung zur feindliche­n Macht Russland, wird immer konkreter. Der Verdacht, dass Trump beeinfluss­bar, vielleicht sogar erpressbar ist, auch. Der Präsident selbst heuert Rechtsanwä­lte an und bunkert sich ein. Politik sieht anders aus.

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