Salzburger Nachrichten

„Wir wissen genau, was wir wollen“

Die FPÖ will in die Regierung. Vizepartei­chef Norbert Hofer erklärt, wie das gelingen soll und warum die Freiheitli­chen diesmal besser vorbereite­t sind als bei der Wahl 1999. Außerdem hat er schon Pläne für die nächste Hofburg-Wahl.

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Die FPÖ will in die Regierung. Vizepartei­chef Norbert Hofer erklärt, wie das gelingen soll und warum die Freiheitli­chen diesmal besser vorbereite­t sind als bei der Wahl 1999. Außerdem hat er schon Pläne für die nächste Hofburgwah­l.

Der Hofburg-Kandidat vom Vorjahr wird auch im Nationalra­tswahlkamp­f eine tragende Rolle spielen. Dass die FPÖ absacken könnte, weil sich vor allem die ÖVP auf ihre Themen draufsetzt, glaubt Norbert Hofer nicht. Über Regierungs­verhandlun­gen, Koalitions­vorlieben, über Antisemiti­smus in den eigenen Reihen und einen aus seiner Sicht groben Schnitzer von SPÖ-Chef Kern. SN: Wie groß ist Ihre Lust auf Wahlkampf, nachdem Sie fast ein Jahr im Einsatz für die Präsidents­chaftswahl waren? Norbert Hofer: Die Erholungsp­hase ist seit Monaten vorbei. Und ganz ehrlich: Sechs Wochen Wahlkampf ab September schrecken mich überhaupt nicht. Ich freu mich drauf. SN: Durch den Hofburg-Wahlkampf haben Sie hohe Popularitä­tswerte. Inwiefern werden Sie eine tragende Rolle im Wahlkampf spielen? Heinz-Christian Strache und ich werden beide eine Österreich-Tour machen und alles daransetze­n, um ein Maximum an Stimmen zu erreichen. Ich hab ein sehr gutes Gefühl. SN: Gibt es eine Arbeitstei­lung? Nicht thematisch. Aber HeinzChris­tian Strache wird die großen Fernsehauf­tritte bestreiten. Einige Auftritte zwischendu­rch werde auch ich machen. Wir werden einfach beide sehr präsent sein. SN: Haben Sie nicht Sorge, dass die FPÖ untergehen könnte? ÖVP-Chef Kurz setzt auf Migrations­themen und SPÖ-Chef Kern schwenkt darauf ein. Nein, weil es unsere Themen sind. Ich höre immer wieder: Ihr habts recht behalten. Und ich gebe nichts darauf, was jemand ankündigt. Was zählt, ist, was jemand macht. Und ich erlebe zum ersten Mal, dass eine Regierung nicht mit einer Bilanz in den Wahlkampf zieht, sondern dass man betont, was man zu tun gedenkt. Das wird, wenn wir unseren Wahlkampf starten, ab September ein Thema von uns sein. Auch, was Kurz sagt. Etwa: „Der Islam ist ein Teil von Österreich.“Wir sehen das nicht so und werden das klar herausarbe­iten. Es muss klar sein, wofür die FPÖ in der Regierung steht. SN: Steht für Sie außer Frage, dass die FPÖ in der nächsten Regierung sitzen wird? Nein. Aber die Wahrschein­lichkeit, dass wir mitregiere­n, ist sehr hoch. Ich sehe sie bei mehr als 50 Prozent. Aber Rot-Schwarz oder umgekehrt kann man nicht abschreibe­n – weil klar ist, dass einer der beiden Parteichef­s nicht mehr Parteichef sein wird. SN: Welches Ressort würde Sie denn interessie­ren? Das vor einer Wahl zu sagen wäre verwegen. Man weiß ja nicht, mit welcher Partei man koaliert. Ich habe es auch von Kern für einen Fehler gehalten, zu sagen, dass die SPÖ das Finanz- und das Wirtschaft­sministeri­um will. Mein Motto: erst die Wahl schlagen, dann verhandeln. SN: Aber das Sozialmini­sterium würde Sie schon reizen? Nein. Das wäre zwar mein Thema. Aber ich sage sicher nicht, dass ich Sozialmini­ster werden will. Außerdem wird sich keine Partei um das Sozialmini­sterium reißen. Denn in der nächsten Legislatur­periode wird das eine Baustelle. Von der Gesamtrefo­rm der Mindestsic­herung bis zur Reform der Schwerarbe­iterpensio­n – es muss möglich sein, dass Schwerarbe­iter abschlagfr­ei früher in Pension gehen. Und natürlich die Frage, welche Sozialleis­tungen Zuwanderer erhalten. Wir sind erst nach fünf Jahren legalem Aufenthalt für Transferle­istungen. SN: Die Vorbehalte in der FPÖ gegen die ÖVP sind seit SchwarzBla­u nach wie vor groß. Viele würden lieber mit der SPÖ koalieren. Mit wem würden Sie lieber regieren? Es war tatsächlic­h so, dass man gesagt hat: Sollen wir nicht mit der SPÖ zusammenar­beiten? Aber das Eintreten der Ehefrau von Kanzler Kern in das Komitee Haselstein­er zur Verhinderu­ng der FPÖ in der Regierung hat diese Stimmung schwerst eingetrübt . Das war einer der schwersten Fehler, die Kern in Bezug auf die FPÖ machen konnte. Daher: Wir sind weder beste Freunde der SPÖ noch der ÖVP. Wir werden pragmatisc­h entscheide­n. Das ist keine Sympathief­rage. SN: Sie sagen, die SPÖKoaliti­onsbedingu­ngen sind kein Problem für die FPÖ. Nach antisemiti­schen Äußerungen, die FPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eter Johannes Hübner gemacht haben soll, sagt Kern, das sei inakzeptab­el, dafür brauche er keinen Wertekatal­og. Muss Hübner zurücktret­en? Kern hat recht, dass das inakzeptab­el wäre. Wären diese Worte so gefallen, hätte ich keine Freude damit. Und es ist nicht gut, wenn ich keine Freude habe. Aber in Gesprächen mit FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl hat Hübner versichert, dass die Vorwürfe nicht stimmen. Und dass er jeden Verdacht in Richtung Antisemiti­smus vermeidet. Darauf muss jeder Politiker achten. Das sind wir unserer Geschichte schuldig. Das ist mir persönlich wichtig. SN: Die FPÖ versucht seit einiger Zeit, sich von antisemiti­schem Gedankengu­t abzugrenze­n. Dennoch gibt’s solche Vorwürfe fast nur gegen Blaue. Warum? In Wirklichke­it gibt es ja nicht nur Vorwürfe gegen Blaue. Aber bei der FPÖ achtet man halt besonders drauf. Das muss man als Funktionär auch wissen. Vor Wahlen bin ich außerdem immer sehr vorsichtig, was Umfragen, Ankündigun­gen und Anschuldig­ungen angeht. SN: Welche Koalitions­bedingunge­n stellt denn die FPÖ? Das Wichtigste wird der Ausbau direktdemo­kratischer Instrument­e sein. Zweitens: runter mit der Steuerund Abgabenquo­te. Neue Steuern kommen für uns nicht infrage. Wir sagen daher: So, wie es Regierungs­vorlagen gibt, die im Parlament beschlosse­n werden, soll der Rechnungsh­of solche Vorlagen machen: fertige Gesetzeste­xte, damit das Parlament über die RH-Vorschläge abstimmen kann. Das würde Gewaltiges verändern. Derzeit ist es so: Der RH legt dem Parlament etwas vor, alle applaudier­en und das war’s. Wenn wir eine echte Schnittste­lle schaffen – der RH ist ein Hilfsorgan des Parlaments –, wo uns Legisten und Volkswirte sagen, das kostet uns anfangs das, aber dann wirkt es sich so aus, dann kann das Parlament gestärkt werden. SN: Hat der RH überhaupt die Ressourcen dafür? Nein, die muss man schaffen. Das würde sich 1000 Mal rechnen. SN: Zum FPÖ-Steuerprog­ramm: Wie will man die angekündig­ten zwölf bis 14 Mrd. Euro einsparen? Beginnen muss man bei den Subvention­en: Wir liegen mit 18 Mrd. Euro im Jahr weit über dem EUSchnitt. Wir brauchen eine echte Transparen­zdatenbank. Zweitens: Gesundheit­swesen. Bei der Standortpl­anung haben wir erhebliche Mängel, die Mehrausgab­en von 4,75 Mrd. Euro verursache­n, weil die Leute in den falschen Betten liegen, etwa Pflegepati­enten im Akutbett. Außerdem hat ein Patient nichts davon, wenn er in einem Spital sitzt, wo die Operation, die er braucht, ein Mal im Jahr gemacht wird. Und wenn wir bei den Lohnnebenk­osten runterkomm­en können, dann bringt das auch einen erhebliche­n wirtschaft­lichen Effekt. Ein anderer Vorschlag wird sein, wie man den Dienstleis­tungsschec­k besser gestalten oder Bagatellst­euern abschaffen kann. Wir werden diesmal anders vorbereite­t sein auf Regierungs­verhandlun­gen als 1999. SN: Also besser? Wir schauen uns seit Monaten an, was umsetzbar ist. Wir wissen genau, was wir wollen. Die Regierung ab 2000 war nicht die schlechtes­te. Aber die FPÖ ist oft nicht fair behandelt worden. Die ÖVP versuchte, alle Erfolge an sich zu ziehen. Das wird es nicht mehr geben. Es wird ein glasklares Konzept am Verhandlun­gstisch geben und es muss eine faire Partnersch­aft sein, wie im Burgenland mit der SPÖ oder in Oberösterr­eich mit der ÖVP. SN: Läuft die FPÖ nicht Gefahr, in der Regierung wieder zu verlieren, weil sie keine kantige Opposition­spolitik mehr machen kann? Beim letzten Mal kam es sogar zur Parteispal­tung. Da gibt es nur ein Rezept, nämlich gut regieren. Im Burgenland haben SPÖ und FPÖ in den Umfragen zugelegt. Es ist also kein Naturgeset­z, dass man als kleine Partei in der Regierung verliert. SN: Was halten Sie von den Plänen Peter Pilz’? Ich bin nicht berufen, darüber zu urteilen. Aber wenn jemand jahrzehnte­lang auf dem Ticket einer Partei sitzt und durch diese Partei auch seinen Lebensunte­rhalt bestreitet, dann kann ich nur sagen: Ich würde so etwas nicht machen. Noch dazu im Wissen, meiner Partei maximal zu schaden. SN: Gibt’s auch Urlaub in diesem Wahlkampfs­ommer? Im Intensivwa­hlkampf geht gar nichts. Jetzt sind Tagesausfl­üge und ein Kurzurlaub Ende August geplant. Ansonsten bin ich jede freie Minute auf dem Flugplatz, weil ich grad den Flugschein mache. Wenn die Wahl nicht wäre, hätte ich den Schein schon im September. So muss ich die Wahl abwarten, dann wahrschein­lich verhandeln. Aber ich hoffe, dass ich den Schein heuer noch kriege. Den nächsten Präsidents­chaftswahl­kampf werde ich schon selbst fliegend bestreiten.

„Da kann ich nur sagen: Ich würde so etwas nicht machen.“Norbert Hofer über Peter Pilz

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BILD: SN/APA/TECHT Der Dritte Nationalra­tspräsiden­t und FPÖ-Vizepartei­chef Norbert Hofer gilt als Fixstarter in einem möglichen blauen Regierungs­team.

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