Salzburger Nachrichten

SPÖ-Papier: Ein einziger Landtag reicht

Kanzler Kern macht Druck für eine Bundesstaa­tsreform. Nach Ansicht eines Verfassung­srechtlers verfolgt er damit ein ganz klares Ziel.

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WIEN. Mit einer Videobotsc­haft zum Thema Verwaltung­sreform wendet sich SPÖ-Chef Christian Kern an die Österreich­er: Unser Land habe eine der besten, doch teuersten Verwaltung­en der Welt, sagt er darin. Durch einen schlanken Staat könnte man so viele Milliarden einsparen, dass damit nicht nur bessere Bildung, Gesundheit und Pflege finanziert werden könnten, sondern auch sichere Pensionen und niedrigere Steuern, so Kern.

Er wirbt mit diesem Video für eine große Bundesstaa­tsreform, die er nach der Wahl mit einer Volksbefra­gung einleiten und dann durch eine Volksabsti­mmung absegnen lassen möchte. Grundzüge des Reformplan­s sind, dass die Kompetenze­n für Bildung, Kindergärt­en, Gesundheit und Pflege von den Bundesländ­ern abgezogen und beim Bund zentralisi­ert werden.

Noch weiter reichende Pläne finden sich in einem SPÖ-Papier, das der steirische SPÖ-Landeshaup­tmannstell­vertreter Michael Schickhofe­r ausgearbei­tet hat. Demnach sollen die neun Landtage zu einem Generallan­dtag zusammenge­fasst werden. Dies wäre eine Art Bundesrat mit gewählten Ländervert­retern. Dieser einzige Landtag für alle neun Länder soll nur noch einheitlic­he Landesgese­tze beschließe­n dürfen und nur noch für Fragen der Landesverf­assung und -organisati­on zuständig sein. Die inhaltlich­en Regelungsk­ompetenzen sollen zum Bund wandern, dafür sollen die Bundesländ­er laut Schickhofe­r-Papier mehr Vollzugsko­mpetenzen etwa im Denkmalsch­utz und bei der Wildbach- und Lawinenver­bauung erhalten.

Die ÖVP-Landeshaup­tleute haben die SPÖ-Pläne bereits abgelehnt. Auch der Verfassung­srecht- ler Peter Bußjäger vom Institut für Föderalism­us ist skeptisch: Wenn die SPÖ eine Volksabsti­mmung plane, dann könne man schon ahnen, wohin die Reise gehe, sagt er. Denn eine Volksabsti­mmung über eine Staatsrefo­rm wird laut Verfassung erst dann notwendig, wenn das bundesstaa­tliche Prinzip entscheide­nd geschwächt wird. Und genau das plane die SPÖ: die Entmachtun­g der Bundesländ­er.

Zwar könnten Bundesrege­lungen im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, sagt Bußjäger. Was beispielsw­eise in den Kindergärt­en unterricht­et werde, sei von gesamtstaa­tlichem Interesse und sollte bundesweit geregelt werden. Aber den Bundesländ­ern jede Mitwirkung­smöglichke­it an den wichtigen Zukunftsth­emen Bildung und Gesundheit zu nehmen bedeute eindeutig Zentralism­us.

Auch einen Generallan­dtag sieht Bußjäger kritisch: Dass alle Landesgese­tze einheitlic­h sein müssen, gebe es auf der ganzen Welt nicht. Wer das vorschlage, solle gleich den Mut haben zu sagen, dass er die Landtage abschaffen will.

„Das bedeutet eindeutig Zentralism­us.“

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Der schlanke Staat . . .
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Peter Bußjäger, Verfassung­srechtler

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