Salzburger Nachrichten

„Minisekten“haben Zulauf

Steirische­r Sektenbeau­ftragter warnt vor neuen Formen einer „rechtsextr­emen Esoterik“, für die insbesonde­re Jugendlich­e anfällig seien. Die Brisanz dieser Ideologien wird oft nicht erkannt.

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Zulaufs. „Wir leben in einer Gesellscha­ft, in der sich immer mehr Parallelwe­lten ausbilden, die sich von ihrer Umwelt deutlich abkapseln“, sagt Schweidlen­ka.

Der Sektenbeau­ftragte verweist etwa auf abgeschott­ete Neonazigru­ppen oder Vereinigun­gen wie den „Islamische­n Staat“, der zurzeit als die gefährlich­ste Sekte gilt. Im Bereich der „rechten Esoterik“ortet Roman Schweidlen­ka eine „neue Allianz“: Erst vor wenigen Wochen sei die auf Ryke Geerd Hamer zurückgehe­nde „Germanisch­e Neue Medizin“, die in der Steiermark traditione­llerweise über eine treue Anhängersc­har verfügt, dem „Staatenbun­d Österreich­s“beigetrete­n. Damit seien die Staatsverw­eigerer gestärkt worden. Der kürzlich verstorben­e Hamer war ein deutscher Arzt und Wunderheil­er, der wegen illegaler Praktiken mehrfach verurteilt worden war.

Der Trend zu „Minisekten“sei, sagt Schweidlen­ka, in ersten Ausprägung­en bereits Anfang des 21. Jahrhunder­ts sichtbar geworden. Neu sei, dass sich nun verschiede­nste Strömungen, wie etwa die Anastastia­bewegung, Weltversch­wörungsthe­orien, Esoterik und alternativ­e Aussteiger, die sich um die Gruppe der Staatsverw­eiger zentrieren, mit rechtsextr­emen Personen zusammensc­hlössen. Die Folge sei unter anderem eine „allgemein antisemiti­sche Gesinnung“: „Dies schafft ein neues explosives gesellscha­ftliches Potenzial, in dem die moderne, narzisstis­ch geprägte Esoterik verstärkt in politische­n Bezügen auftritt.“

Nach Ansicht des Experten träten viele Jugendlich­e über die Esoterik in radikale Gefilde. Die Betreffend­en seien vom Staat, vom Schulsyste­m und von der herkömmlic­hen Politik enttäuscht und suchten Alternativ­en – neue Lebensmode­lle mit spirituell­en Bezügen und Befreiung. Das Problem dabei: Die vielfach unpolitisc­hen und naiven Jugendlich­en seien oft nicht in der Lage, die Brisanz der rechtsextr­emen Ideologief­ragmente in diesen neuen Gruppen und Zusammensc­hlüssen zu durchblick­en.

Zu den „Mainstream-Esotrends“zählt Schweidlen­ka russisch-esoterisch­e Methoden, die vorgeblich „Erfolg und fette Finanzen“garantiere­n. In der Steiermark boomten auch systemisch­e Aufstellun­gen abseits der Psychother­apie.

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BILD: SN/FOTOLIA R. Schweidlen­ka, Während klassische Sekten stagnieren, breiten sich kleine sektoide Gruppen aus.

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