Salzburger Nachrichten

Ermittler gaben sich als Dealer aus FBI enterte Darknet-Plattform und lockte Kriminelle in die Falle

Durch Taktik und List konnten zwei der größten illegalen Darknet-Marktplätz­e, AlphaBay und Hansa, geschlosse­n werden. Nun folgen Hunderte Ermittlung­en in Europa – auch in Österreich.

- ANJA KRÖLL

Ein Gewinn von 20.000 Euro pro Stunde. Das war keine Seltenheit auf jenen Darknet-Plattforme­n, die nun von Europol, der USAntidrog­enbehörde DEA, der niederländ­ischen Polizei und dem FBI geschlosse­n wurden. Die Rede ist von der größten illegalen Internetpl­attform, AlphaBay, und dem drittgrößt­en illegalen Marktplatz im Darknet, Hansa. Hier boten Waffenhänd­ler, Pädophile, Drogenhänd­ler oder Dokumenten­fälscher ihre Dienste an. Mehr als 200.000 Kunden sollen sich allein auf AlphaBay getummelt haben, hinzu kamen 40.000 Verkäufer und 350.000 illegale Produkte. Seit der Gründung im Jahr 2014 soll eine Milliarde Dollar auf der Plattform umgesetzt worden sein. Damit ist nun Schluss.

„Diese Aktion zeigt, dass durch gemeinsame, globale Zusammenar­beit Kriminelle sich auch in den Bereichen des Darknets nicht sicher fühlen können. Weitere Aktionen werden folgen“, sagte EuropolDir­ektor Rob Wainwright.

Vorstellen kann sich der Laie die Plattform, die nur über einen speziellen Browser erreicht werden konnte, wie eBay. Mit Fotos, Preisen und Zufriedenh­eitsbewert­ungen von Käufern bewarben etwa Drogenhänd­ler – Vendoren, wie sie sich auf den Plattforme­n nennen – völlig ungeniert ihre Produkte.

Wenn ein Vendor schlechte Bewertunge­n erhielt, schreckte dies Neukunden ab. Vendoren erhielten im Drogengesc­häft dadurch Markenname­n-Status. Was Champagner für die Getränkein­dustrie ist, waren gewisse Dealer für Junkies.

Dieser Umstand sollte AlphaBay und Hansa zum Verhängnis werden. Durch einen „privaten Partner“gelang es den Ermittlern am 20. Juni, in das Netz von Hansa einzudring­en. Die niederländ­ische Polizei nahm wenig später die Hintermänn­er der Plattform in Deutschlan­d, den Niederland­en und Litauen fest. Und: Übernahm ohne das Wissen der Kunden die Plattform. Die Polizei führte also verdeckt die illegalen Geschäfte. Zeitgleich wurde von FBI, DEA und Europol der Marktplatz von AlphaBay zum Zusammenst­urz gebracht. Die Kunden, die, wie vorhin beschriebe­n, besonders im Darknet auf Vertrauen setzten, verloren dieses und wanderten ab – zu Hansa. Ohne zu wissen, dass genau dies die Intention der Ermittler war. In nur wenigen Tagen verachtfac­hte sich die Zahl der Kunden auf der Plattform.

Dann schlugen die Ermittler zu und leiteten alle relevanten Daten an die betroffene­n 37 Staaten weiter. So sollen sich auch zehn Österreich­er unter den Verdächtig­en befinden. „Wir wurden von Europol in die Ermittlung­en mit eingebunde­n und verfolgen erste Spuren“, sagte Silvia Kahn, Sprecherin des Bundeskrim­inalamts, auf SN-Anfrage. In welchem kriminelle­n Feld die Österreich­er aktiv waren, blieb aus ermittlung­staktische­n Gründen unbeantwor­tet.

Am gestrigen Donnerstag wurde jedenfalls Hansa geschlosse­n. Über die Hintermänn­er ist wenig bekannt. Allerdings könnte es sich um sehr junge Kriminelle handeln. Zwischen 15 und 30 Jahre alt ist laut Experten ein Großteil der Vendoren. Drogendeal­s vom Kinderzimm­er aus seien somit keine Seltenheit. Über den Hauptverdä­chtigen im Fall Hansa weiß man so viel: Er ist Kanadier und führte ein Luxusleben in Thailand. Am 5. Juli wurde er verhaftet. Er soll danach Suizid begangen haben.

Der Direktor des FBI, Andrew McCabe, betonte am Donnerstag in einer Pressekonf­erenz in Washington D.C.: „Wir werden bis ans Ende der Welt gehen, um die Kriminelle­n zu finden. Um sie aus dem Schatten des Darknets ans Licht zu zerren.“

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BILD: SN/APA (DPA)/SILAS STEIN Ihr könnt euch nirgends sicher fühlen – das ist die Botschaft der Ermittler an die Kriminelle­n.

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