Es mehren sich die Umbaupläne Kaum ist von Fusion die Rede, regt sich Widerstand
Die 21 Sozialversicherungsträger werden zum Wahlkampfthema. Das Sozialministerium stellt demnächst eine Studie vor. Was bisher geschah.
WIEN. Auch in diesem Wahlkampf sind sie bereits Thema, möglich, dass sich die nächste Regierung an eine Reform wagt – sofern sie für die notwendige Zweidrittelmehrheit sorgen kann: die Sozialversicherungen, die gemeinsam auf Einnahmen und Ausgaben von je rund 60 Milliarden Euro kommen und damit ein gewaltiges Imperium darstellen. Industrie und Wirtschaftskammer haben ihre Umbauvorschläge längst präsentiert, nun liegt auch die vom Sozialministerium bei der London School of Economics (LSE) in Auftrag gegebene Studie vor. Sie muss noch übersetzt werden, weshalb die auf 1000 Seiten gemachten Vorschläge erst im August präsentiert werden sollen.
Eine der Forderungen aller Untersuchungen – auch der LSE-Studie – gilt der Zusammenlegung der 21 Träger für Pensions-, Unfall- und Krankenversicherung. Unter je einem Dach vereint nur die Sozialversicherung der Bauern (SVB) und die Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau (VAEB) alle drei Sparten. Die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) deckt die Pensions- und Krankenvorsorge ab, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) die Kranken- und Unfallversicherung. Die neun Gebiets- und die fünf Betriebskrankenkassen sind für die Krankenversicherung zuständig, für die zwei anderen Sparten die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und die Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Als Spezialfall haben die Notare eine eigene Pensionsversicherung.
Die Wirtschaftskammer stellt sich eine Reduktion auf fünf Träger vor. Nach einer Empfehlung der Schweizer Beratungsfirma c-alm AG sollten die PVA, die AUVA und die BVA für die Beamten erhalten bleiben. Zusammengelegt werden sollten die neun Gebietskrankenkassen. Die SVA der Selbstständigen und die SVB der Bauern sollten fusionieren – was einmal schon fast so weit war, ehe die Sache im letzten Moment platzte.
Die Industriellenvereinigung stellt sich die Strukturreform auf Grundlage einer IHS-Studie so vor: Statt neun Gebietskrankenkassen nur noch drei bis vier für alle Unselbstständigen, dazu österreichweit eine Krankenkasse für alle Selbstständigen (was wiederum auf eine Fusion von SVA und SVB hinausläuft). Die Anstalten der Beamten und der Eisenbahner teilten bereits mit, keinesfalls in die GKK integriert werden zu wollen. Begründung: verfassungswidriger Eingriff in die Selbstverwaltung.
Die LSE-Studie soll, das sickerte bereits durch, u. a. zwei Punkte enthalten: Abschaffung der AUVA – die Sparte Unfallversicherung soll in der PVA und der Krankenversicherung aufgehen. Dagegen lief die AUVA bereits im Frühjahr vorsorglich Sturm. Und: Die Beamtenversicherung könnte in den Gebietskrankenkassen aufgehen.
Abseits aller Fusionsideen wird in sämtlichen Untersuchungen die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Gesundheitsleistungen als Reformansatz genannt. Hier war der Hauptverband der Sozialversicherungsträger bereits aktiv und hat Harmonisierungen in elf von 23 Leistungsbereichen beschlossen. So sollen noch heuer die Regelungen für Krankengeld bei Spitalsaufenthalt, für Zahnspangen, für Zuschüsse zur Zeckenimpfung, für Transportkosten sowie für Rollstühle und Windeln vereinheitlicht werden.