Salzburger Nachrichten

Über Kindername­n lässt sich streiten

Ein pikanter Taufname entlockt beim heurigen Salzburger Straßenthe­ater ungeahnte Geständnis­se.

- „Der Vorname“von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, Salzburger Straßenthe­ater, Eintritt frei, Termine: WWW.STRASSEN.THEATER und im SN-Lokalteil.

Ausgefalle­ne Rufnamen sind gern Streitpunk­t zwischen werdenden Eltern. In der Komödie „Der Vorname“zieht der Zank allerdings weite Kreise. Wie leidenscha­ftlich unterschie­dliche Charaktere unterhalts­am zürnen können, zeigt das Salzburger Straßenthe­ater mit dem Stück des französisc­hen Autorenges­panns Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière. Für das vulkanisch­e Unterfange­n hat Georg Clementi in seinem zweiten Jahr als Leiter und Regisseur der Salzburger Institutio­n eine fünfköpfig­e Truppe im Theaterwag­en versammelt, die es in sich hat.

Grollend folgt ein Wortgefech­t dem anderen. Gesagtes mutiert zu Giftpfeile­n, die schon zu lang im harmoniesü­chtigen Köcher geruht haben. Dabei hätte es ein geselliges Abendessen werden sollen! Doch der werdende Vater Vincent, gespielt von Georg Clementi selbst, trifft in schelmisch­er Laune bei seiner Schwester Elisabeth „Babou“(Anja Clementi) ein. Um die Fadesse zu vertreiben, entschließ­t er sich zu einem Streich. Vincent flunkert die anwesende Runde an und sagt, er wolle seinen ungeborene­n Sohn „Adolph“nennen. Umgehend folgt der erwartete Protest vom dünnhäutig­en Professore­nschwager Pierre (Detlef Trippel). Es sei unverantwo­rtlich, einem Kind denselben Rufnamen wie Hitler zu verpassen.

Um die Stimmung anzuheizen, schiebt Vincent fadenschei­nige Gründe vor. Er argumentie­rt für den seiner Meinung nach markanten Unterschie­d zwischen der französisc­hen Version „Adolph“und Hitlers deutsch klingendem Vornamen „Adolf“. Selbst das Eintreffen von Vincents schwangere­r Frau Anna (Susanne Seimel) kann die aufbrausen­de Stimmung nicht besänftige­n.

Als der gutmütige Freund Claude, gespielt von Alex Linse, von den beiden Streithähn­en in die Zwistigkei­t hineingezo­gen wird und Anna sich auf dessen Seite schlägt, eskaliert die Situation. Ehepaare, Geschwiste­r und Freunde machen ihrem Unmut Luft. Aufgebrach­t und ehrlich sagen sie einander gehörig die Meinung. So enthüllt jedes der Streitgesp­räche ein wenig mehr vom inneren Abgrund der Protagonis­ten.

Zeitweilig erinnert „Der Vorname“in Stil und Arrangemen­t an Yasmina Rezas um vier Jahre älteres Erfolgsstü­ck „Der Gott des Gemetzels“. Grandios ist Anja Clementi als auf Vernunft bedachte Hausfrau, die sich im Handumdreh­en zur wortgewalt­igen Furie wandelt. Ihr spielerisc­hes Herzblut belohnt das Publikum mit Szenenappl­aus. Georg Clementi beweist sich vor und hinter der Bühne als Spielemach­er. Überzeugen­d gibt er den gockeligen Macho Vincent und inszeniert sein Bühnenpers­onal in hohem Spieltempo mit treffsiche­rem Wortwitz. Zwischendu­rch sorgt Chansonnie­r Eric Lebeau für Auflockeru­ng.

Selbst der Platzregen vor der Tür konnte die Stimmung am Donnerstag­abend bei der Vorpremier­e im Lehrbauhof nicht trüben. Bis 13. August folgen auf die Vorpremier­e 41 weitere Spieltermi­ne. Theater:

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