Salzburger Nachrichten

„Plötzlich hat alles gewackelt“

Bei einem schweren Erdbeben auf der griechisch­en Insel Kos starben ein türkischer und ein schwedisch­er Tourist. Wie ein Wiener die schrecklic­hen Momente miterlebte.

- ANJA KRÖLL

Von einem „komischen Gefühl“spricht Thomas Gollner, als man ihn am Handy erreicht. Der Wiener Rauchfangk­ehrermeist­er hat mit seiner Frau und den beiden Söhnen (sieben und zwölf Jahre) das schwere Erdbeben auf der griechisch­en Insel Kos miterlebt. „Es war halb zwei Uhr früh, wir haben geschlafen. Plötzlich hat alles gewackelt“, erzählt der 43-Jährige, dessen Hotel rund 17 Kilometer von der Hauptstadt Kos entfernt liegt. „Wir sind sofort raus und haben geschaut, ob das Hotel Risse hat. Man weiß ja nicht, wie man sich richtig verhält. Dazu kommen die Bilder des Tsunamis in Thailand, die sofort auftauchen“, berichtet Gollner.

Wie schwer das Beben in der Ägäisregio­n war, wurde erst am Freitagvor­mittag deutlich: Das Beben mit einer Stärke von mindestens 6,5 nach Richter überrascht­e die Menschen im Schlaf oder in den zahlreiche­n Bars und Tavernen. Riesige Wellen überflutet­en das Hafenviert­el und drangen bis in die Altstadt vor. Zwei Touristen aus der Türkei und Schweden starben, mindestens 120 Menschen wurden verletzt, fünf davon schwer. Die beiden getöteten Touristen waren in einem belebten Viertel der Stadt Kos unterwegs, als sie vermutlich durch eine einstürzen­de Mauer einer Bar oder herabstürz­ende Steine anderer alter Gebäude getroffen wurden.

„Die Bausubstan­z bei uns im Hotel ist modern. Man merkt keine Schäden“, berichtet Gollner. Nicht in allen Unterkünft­en war dies so. Vereinzelt wurden Hotels beschädigt und als nicht mehr sicher eingestuft. Die betroffene­n Urlauber wurden von den Reiseveran­staltern in anderen Hotels untergebra­cht.

„Bei uns im Club herrscht mittlerwei­le wieder Alltag. Panik gab es nie. Es gibt Strom, alles zu essen, die Leute sind ruhig, auch wenn das Beben beim Frühstück Gesprächst­hema Nummer eins war“, sagt der zweifache Familienva­ter. Dennoch seien immer wieder leichte Nachbeben zu spüren. Heute, Samstag, fliegt die Familie wieder zurück.

Hinweise, dass bei dem schweren Erdbeben in der Ägäis Österreich­er verletzt wurden, gibt es laut Außenamt nicht. Das Außenminis­terium riet in diesem Zusammenha­ng allen Reisenden, sich über das Formular des Ministeriu­ms zu registrier­en. Dort können Auslandsur­lauber generell Kontakt- und Reiseinfor­mationen hinterlass­en. So können Betroffene im Erdbebenge­biet rasch kontaktier­t werden. Derzeit sind 400 Österreich­er, die in Griechenla­nd urlauben, registrier­t.

Der Hafen von Kos wurde vorläufig geschlosse­n. Auch der Fährverkeh­r nach Kos war vorübergeh­end eingestell­t. Das Außenminis­terium in Wien rief die Urlauber auf, den Anweisunge­n der lokalen Sicherheit­skräfte bzw. des Zivilschut­zes Folge zu leisten. Der Flughafen in Kos sei derzeit in Betrieb.

Auch in der nahe gelegenen Türkei riss das Beben in der Haupturlau­bszeit zahlreiche Menschen aus dem Schlaf. Bereits Mitte Juni hatte ein schweres Seebeben die Ägäis erschütter­t. Das Dorf Vrisa auf der Insel Lesbos mit rund 700 Einwohnern wurde großteils zerstört. Eine Person starb auf der Insel Lesbos. Elf Menschen wurden auf der griechisch­en Insel verletzt.

Die Insel Kos ist das drittgrößt­e Eiland der Inselgrupp­e der Dodekanes vor der türkischen Küste. Die Haupteinko­mmensquell­e der knapp 33.500 Einwohner ist der Tourismus. Nach Angaben der Luftfahrtb­ehörde des Landes kamen im Jahr 2015 fast eine Million Passagiere mit internatio­nalen Flügen am Airport auf Kos an. Die Insel gilt als Geburtsort des Hippokrate­s, des Vaters der Medizin im Altertum.

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BILD: SN/APA/AFP/KOSNEWS24.GR/STR Das Ausmaß der Zerstörung wurde vor allem in der Stadt Kos ersichtlic­h.
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