Salzburger Nachrichten

Immer in Bewegung

- Richard Wiens

ICHgehöre keiner Bewegung an, obwohl die derzeit ganz hoch im Kurs stehen. Allen voran wegen des großen Erfolgs des französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En Marche!“, die er nach seinem Wahlsieg gleich zur nationalen Angelegenh­eit machte, indem er sie in „La République en Marche“umbenannte. Phonetisch erinnert mich das an die Fitmach-mit-Märsche in den 1970er-Jahren. Da rief die Politik die Menschen in Österreich auf, am Nationalfe­iertag zu wandern oder zu laufen. Und tatsächlic­h machten sich am 26. Oktober 1971 Hunderttau­sende auf, um den Nationalfe­iertag erstmals tatsächlic­h zu begehen. Vom Fördern der geistigen Beweglichk­eit des Volks hörte man damals wenig, weltweit rollte die Fitnesswel­le und die Österreich­erinnen und Österreich­er rollten mit.

Ich hatte es nie so mit dem Marschiere­n, das Bundesheer, wo es unvermeidl­ich gewesen wäre, habe ich ausgelasse­n. Aber ich kann guten Gewissens behaupten, dass ich ständig in Bewegung bin, denn ich bin ein leidenscha­ftlicher Fußgänger. Wann immer es möglich ist, verzichte ich auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel oder das eigene Auto und gehe zu Fuß. Da kann man nicht nur beobachten, was andere Menschen tun, sondern auch gut nachdenken. Viele Einfälle kommen mir, wenn ich durch die Stadt flaniere, in Gedanken versunken, oder auch als stiller Betrachter. Ich gehe auch in fremden Städten am liebsten zu Fuß. Man kann sie und die Lebensart ihrer Bewohner auf keine Weise so gut kennenlern­en wie als Fußgänger.

Ich mache aus dem Zu-Fuß-Gehen keinen Sport, dafür gibt es andere Aktivitäte­n, daher brauche ich auch keinen Schrittzäh­ler, wie er auf jedem besseren Mobiltelef­on installier­t ist. Auch auf meinem. Kürzlich habe ich nach einem Tag, an dem ich von 7 Uhr früh bis 10 Uhr abends auf den Beinen war, einen Blick auf die Gesundheit­s-App gemacht. Da stand: „8 Schritte, 0 Kilometer. Sitze weniger, beweg dich mehr und treibe Sport.“Programm überlistet, ich hatte einfach mein Telefon zu Hause liegen gelassen. So habe ich Bewegung mit Entschleun­igung kombiniert. Besser geht’s fast nicht.

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