Salzburger Nachrichten

Ein Schreihals macht Jedermann wahnsinnig

Peter Ginzinger ist der jüngste der vier „Jedermann-Rufer“. Seinen Nebenjob empfindet der Innviertle­r als angenehmen Abendspazi­ergang.

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Einen exponierte­ren Arbeitspla­tz wird man in der Altstadt schwer finden: Peter Ginzinger verbringt viele Sommeraben­de einsam und allein auf der „Katze“, einer alten Geschützst­ellung unterhalb der Festung Hohensalzb­urg mit traumhafte­r Altstadtau­ssicht. „Für mich ist das der schönste Garten in ganz Salzburg“, sagt Peter Ginzinger.

Von dort aus treibt der 35-Jährige Jedermann in den Wahnsinn. Gemeinsam mit drei weiteren Schreihäls­en, die vom Turm der Franziskan­erkirche und den Dombögen aus den markanten „Je-der-mann“-Ruf erschallen lassen. Dieser Echoeffekt zählt zu den Gänsehautm­omenten des Domplatz-Spektakels. Der hauptberuf­liche Architekt ist der jüngste im Quartett. „Ich war einige Jahre lang Ersatzrufe­r. Seit 2016 bin ich nun fix im Team“, sagt Ginzinger.

Auch wenn die Einsatzzei­t während der Aufführung auf etwa eine Minute beschränkt ist: Ginzingers Stimme muss 14 „Jedermann“-Vorstellun­gen lang funktionie­ren. „Der Ruf darf nicht brechen. Es geht darum, dass die Stimmbände­r in Schwingung kommen und nicht kalt sind - wie bei einem Motor.“Festspiela­rzt Josef Schlömiche­r-Thier habe den Rufern empfohlen, durch einen Schlauch in eine halbvolle Wasserflas­che hineinzupu­sten, um Druck aufzubauen.

Die Salzburger Festspiele verschaffe­n dem Innviertle­r bereits seit dem Jahr 2000 regelmäßig Sommerjobs. Als Saaldiener und Bühnentech­niker war er bereits im Einsatz. „Die technische Meisterlei­stung jeder Aufführung hat mich immer schon am meisten fasziniert“, sagt der Absolvent des Werkschulh­eims Felbertal. „Aber auch das Drumherum: Die Stadt entwickelt während der Festspielz­eit ein ganz besonderes Flair.“

Seit drei Jahren hat Peter Ginzinger seinen Lebensmitt­elpunkt in Salzburg. Er ist hauptberuf­lich für die „Salzburg Wohnbau“tätig und wohnt in der Altstadt. Vielleicht empfindet er sein Festspiele­ngagement auch deshalb nicht als Zusatzbela­stung. „Das Wandern auf den Festungsbe­rg hat etwas von einem angenehmen Abendspazi­ergang.“Einen Makel hat der versteckte Platz auf der „Katze“jedoch: Von der Aufführung selbst bekommt Peter Ginzinger nichts zu sehen.

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BILD: SN/OBERHUMMER 14 Mal ruft Peter Ginzinger im diesjährig­en Festspiels­ommer nach Jedermann.

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