DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
Eine der Nationalkonstanten Österreichs ist der Hang seiner Bevölkerung zu Hängen. In der gegenständlichen Auslegung des Wortes bezeichnet das die Freude am Skilauf, ja mehr noch, die Freude daran, anderen Geld dafür abzuknöpfen. Als Resultierende dieser Leidenschaften gilt die Fremdenverkehrsindustrie. Mehr noch als den Verkehr auf schiefen Ebenen lieben es die Österreicher, jemanden hängen zu sehen. Feixend und johlend fuhr man noch in den späten 70er-Jahren an holländischen Urlaubern vorbei, deren überdimensionierte Wohnwagen auf den nationalen Sattelstraßen Semmering, Katschberg, Arlberg und Brenner hängen geblieben waren. Will man in Österreich eine unangenehme Scheißlage benennen, spricht man von einer Hängepartie. Es ist noch nicht hinreichend erforscht, ob damit ursprünglich die gleichlautende Exekutionsart gemeint ist. Man darf befürchten, dass die Antwort auf diese Frage ein deutliches „Ja“ergäbe.
Wir sind in medias res, der Politik gelandet. Nicht ohne Grund heißen die Regierung und ihr Personal in Österreich Exekutive, gerichtsbeamtlicher Besuch nennt sich Exekution. Die Presse des Landes hat auf diese Verhältnisse mit einer Berichterstattungskultur geantwortet, die sich über das große Hängenbleiben definiert. Das Hängenbleiben Großer. Nie war Bruno Kreisky größer als nach seinem finalen Scheitern. Jörg Haider war groß, weil die anderen an ihm hängen blieben. Als der Goiserer an sich selber scheiterte, war er am größten. Aber verlassen wir das Gestern. Der Erfolg Sebastian Kurzens ist nicht auf eigenen Meriten gebaut, sondern auf dem Scheitern der Volkspartei (und sämtlicher ihrer Protagonisten). Ähnliches wirft man Kern vor, zum Großerfolg fehlt nur das Scheitern der Sozialdemokratie. Die alte Tante ziert sich noch. Unsere Erzählung betritt Silberrücken Pilz. Sein Scheitern, als grüner Meritenmagnet auf einen realistischen Listenplatz gewählt zu werden, bläst ihn gerade zu unbekannter Größe auf. Seine Partei hat ihn hängen gelassen. Alle freuen sich.
Pilz am meisten.