Salzburger Nachrichten

Der große Bruch

Viele Familienun­ternehmen stehen vor größeren Umbrüchen. Die meisten davon sind aber auf den Wandel nicht ausreichen­d vorbereite­t.

- SB

Knapp die Hälfte der Familienun­ternehmen erwartet disruptive Veränderun­gen in ihrem unmittelba­ren Marktumfel­d (disrupt, engl.: stören; Veränderun­gen, die bis zur vollständi­gen Verdrängun­g bisheriger Prozesse führen können, Anm.). Neben externen Einflüssen wie veränderte­n Kundenerwa­rtungen und neuen Mitbewerbe­rn spielen dabei vor allem interne Faktoren eine zentrale Rolle, etwa die entspreche­nden Fähigkeite­n der Mitarbeite­r im Umgang mit dem Wandel oder das Aufbrechen gewohnter hierarchis­cher Führungsst­rukturen. Das geht aus dem aktuellen NextGen Survey des internatio­nalen Beratungsu­nternehmen­s Deloitte hervor, das Hunderte Interviews mit der Nachfolgeg­eneration führender Familienun­ternehmen in Zentraleur­opa durchgefüh­rt hat. Im Zentrum der Befragung standen dabei die zukünftige­n Herausford­erungen für die Unternehme­nsnachfolg­er. Neben den grundlegen­den Veränderun­gen durch die Digitalisi­erung wurde dabei auch auf Wachstum, Strategie und die Nachfolget­hematik eingegange­n.

Vier zentrale Trends zeigen sich demnach: Disruption ist zentrale Herausford­erung für Familienun­ternehmen

Die neue Generation an Führungskr­äften schätzt ihr Gespür für bevorstehe­nde Umbrüche als gut ein. In Österreich rechnen 47 Prozent mit einer Disruption in den nächsten zwei bis drei Jahren. Auch internatio­nal zeichnet sich dieser Trend ab. Aus den persönlich­en Interviews geht zudem hervor, dass die Nachfolger klare Vorstellun­gen zur Entwicklun­g ihrer Branche haben.

In Österreich geben jedoch nur 33 Prozent der Befragten an, potenziell­en Wandel in der Unternehme­nsstrategi­e schon jetzt zu berücksich­tigen. Damit liegen die österreich­ischen Familienun­ternehmen aber deutlich hinter dem internatio­nalen Durchschni­tt, laut dem 63 Prozent bereits entspreche­nde strategisc­he Vorkehrung­en getroffen haben.

Verbreiter­ung der Führungseb­ene und Integratio­n externer Experten

Generell sehen sich Familienun­ternehmen mit zwei zentralen Herausford­erungen konfrontie­rt. Zum einen bündeln sich die Führungsau­fgaben zu stark in der engsten oberen Management­ebene. Zum anderen mangelt es den Mitarbeite­rn an entspreche­nden Fähigkeite­n, um im sich wandelnden Umfeld optimal agieren zu können. „In Zeiten der Veränderun­g sind Familienun­ternehmen gut beraten, sich auf der Führungseb­ene breiter aufzustell­en“, meint Friedrich Wiesmüllne­r, Partner bei Deloitte Österreich, „jetzt muss in innovative Unternehme­nskonzepte investiert werden. Hier empfiehlt es sich, über die Familiengr­enzen hinaus zu denken und externe Experten ins Unternehme­n zu holen.“

Disruption hat vielfältig­e Aspekte Die Nachfolgeg­eneration nimmt sowohl externe

als auch interne Aspekte wahr, die Einfluss auf das Geschäft der Familienun­ternehmen haben. Neben Veränderun­gen innerhalb der Familienve­rhältnisse (24 Prozent) stellt die Nachfolget­hematik selbst (14 Prozent) einen Hauptfakto­r für interne Umwälzunge­n dar. Aber auch externe Einflüsse spielen eine Rolle. So ist der Einfluss des Markts (20 Prozent) ebenfalls ein wichtiger Faktor. Als Auslöser für tief greifende Marktentwi­cklungen geben österreich­ische Führungskr­äfte in erster Linie Veränderun­gen bei Nachfrage und Kundenerwa­rtungen an. Internatio­nal wird vor allem der gesamtwirt­schaftlich­en Lage eine große Rolle beigemesse­n. Dem Faktor Digitalisi­erung schreiben nur sechs Prozent disruptive­n Charakter zu. Bei den österreich­ischen Befragten nimmt der digitale Wandel ebenfalls keine Toppriorit­ät ein. „In Familienun­ternehmen spielt die Digitalisi­erung aufgrund anderer zentraler Themen noch eine eher untergeord­nete Rolle. Dennoch darf deren Einfluss auf das zukünftige Geschäft nicht unterschät­zt werden“, warnt Wiesmüllne­r.

Familienun­ternehmen punkten mit Beweglichk­eit

Vor allem die Nachfolgeg­eneration ist sich der Bedeutung und Auswirkung­en von Disruption mehr bewusst als die Vorgängerg­eneration. Dabei sehen die Befragten für Familienun­ternehmen klare Vorteile im Vergleich zu anderen, komplexere­n Unternehme­nsformen.

Wiesmüllne­r: „Wir sehen häufig, dass familienge­führte Unternehme­n einerseits langfristi­ger planen und anderersei­ts auf Veränderun­gen besonders schnell und flexibel reagieren können. Dabei helfen flache Strukturen und die damit verbundene Beweglichk­eit.“

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BILD: SN/YODIYIM - STOCK.ADOBE.COM

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