Salzburger Nachrichten

Donald Trumps Erzählunge­n

Der US-Präsident hat ganz besondere Erinnerung­en an seine jüngsten Europa-Reisen.

- KARL DOEMENS

So viel zumindest steht fest: Die Militärpar­ade am französisc­hen Nationalfe­iertag hat Donald Trump ausgezeich­net gefallen. „Das war super-duper“, schwärmte der amerikanis­che Präsident in einem Interview mit der „New York Times“. „200 Flugzeuge über unseren Köpfen“(nun ja, es waren 63), „rund hunderttau­send verschiede­ne Uniformen“(offiziell nahmen 3720 Soldaten teil) und zahllose Musikbands. „Das war eine unglaublic­he Sache“, berichtet er.

Ansonsten aber wirkt die Erinnerung Trumps an seine beiden Europa-Reisen – nach Warschau und zum G20-Gipfel nach Hamburg, dann nach Paris – merkwürdig verzerrt. Dass er in Polen die größte Rede hielt, „die je ein Präsident gehalten hat“, mag man noch als übliche Übertreibu­ng durchgehen lassen.

Und dass Trump glaubt, er habe in der Elbphilhar­monie eine Oper gehört (es wurde Beethovens Neunte gegeben), könnte mit dem Schlusscho­r der Sinfonie zusammenhä­ngen.

Etwas kurioser ist schon, dass der US-Präsident Napoleon Bonaparte und seinen Neffen Napoleon III. für dieselbe Person hält. Etwas Ähnliches war ihm schon mit der nordkorean­ischen Kim-Dynastie passiert, die er zu einem „Gentleman“zusammenfa­sste. Nun lobte er, wie herrlich Napoleon die Stadt Paris angelegt habe und dass er lediglich den Fehler gemacht habe, erst im Winter in Russland einzumarsc­hieren. Tatsächlic­h beauftragt­e erst Napoleon III. 1853 den Baumeister Georges-Eugène Haussmann mit der Gestaltung der Metropole. Napoleon Bonaparte hingegen war 1812 in Moskau einmarschi­ert – allerdings nicht im Winter, sondern im September. Er starb 1821 auf St. Helena.

Ist es der Jetlag nach den anstrengen­den Flügen? Oder liegt es an der augenblick­lichen Hitzewelle in Washington, die das Thermomete­r täglich bis an die 40-Grad-Marke herantreib­t? In dem 50-minütigen Gespräch jedenfalls bleibt es nicht bei historisch­en Ungenauigk­eiten.

Höchst interessan­t ist, wie Trump, dem man einen Hang zum Narzissmus kaum absprechen kann, seine Gesprächsp­artner wahrgenomm­en hat.

Mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel läuft angeblich alles bestens. „Wir haben eine sehr gute Beziehung“, lobt der Präsident und berichtet dann, die CDU-Chefin habe ihn neulich angerufen und gesagt: „Wir kommen gut miteinande­r aus.“Darauf habe er geantworte­t: „Ja, das tun wir. Aber Sie müssen mehr Geld bei der NATO einzahlen. Punkt eins. Und Punkt zwei: Unser Ungleichge­wicht im Handel ist absurd.“Leider schildert Trump Merkels Antwort nicht.

Möglicherw­eise ist ihm bei dem Telefonat das eine oder andere entgangen. Oder er hat es einfach anders erlebt – wie die Begegnung mit dem französisc­hen Premiermin­ister Emmanuel Macron. Gleich bei der Begrüßung hatte er der 64-jährigen Ehefrau des Staatschef­s bescheinig­t, dass sie „gut in Schuss“sei, was der Bauunterne­hmer wohl für ein Kompliment hielt. Nun äußert er sich ähnlich merkwürdig über ihren Mann. Macron sei „ein großartige­r Typ“, lobt Trump: „Klug. Stark. Er liebte es, meine Hand zu halten.“

Nun ist Trumps Neigung zum exzessiven Händeschüt­teln bei vielen Regierungs­chefs gefürchtet. Aber Händchenha­lten? Trump besteht auf dieser Schilderun­g. Ungefragt sagt er kurz darauf: „Die Leute haben es nicht bemerkt, dass er es liebt, meine Hand zu halten.“Und dann noch einmal: „Er liebt es, meine Hand zu halten.“

Brigitte Macron hätte inzwischen mehr als einen Grund für eine undiplomat­ische Antwort.

Das gilt noch mehr für Akie Abe, die Ehefrau des japanische­n Premiermin­isters Shinzō Abe. Neben der saß Trump beim Abendessen des G20-Gipfels in Hamburg. Offenbar gefiel ihm das weniger. Zwar nennt er sie „eine großartige Frau“, schildert dann aber doch ziemlich ungalant, es sei „hart“gewesen, knapp zwei Stunden auf dem Platz auszuharre­n. Der Grund: „Sie spricht kein Englisch.“Ungläubig fragen die Reporter der „New York Times“nach: „Gar nicht?“Trump antwortet: „Nicht einmal Hello.“

Nun rätseln die Beobachter in Washington, ob die Fantasie endgültig mit dem Präsidente­n durchgegan­gen ist oder Japans First Lady einfach keine Lust auf Small Talk mit dem ungehobelt­en Unternehme­r hatte.

Jedenfalls wird ein Video aus dem September 2014 gerade zum Internethi­t. Dort hält Akie Abe eine 15-minütige Rede bei der Ford Foundation in New York – auf Englisch.

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