Salzburger Nachrichten

Quotenmann“

Der führende Vermögensv­erwalter der Welt, die UBS, will weltweit einen Wandel bewirken, was Frauen und Finanzen anbelangt. Soeben wurde dafür ein Beraterboa­rd installier­t, das sich von sonst üblichen Gremien komplett abhebt.

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Die Vermögen von Frauen wachsen schneller als die der Männer. In den nächsten vier Jahren sollen sie von 13 auf 18 Billionen Dollar ansteigen. Die Schweizer Großbank UBS hat einen Fünfjahres­plan erarbeitet, um weltweit das finanziell­e Selbstvert­rauen in Finanzfrag­en von einer Million Frauen zu verbessern und in der Branche generell einen Wandel zu bewirken. Dafür wurde soeben ein Beratungsb­eirat eingericht­et, bei dem kaum jemand aus der Finanzindu­strie kommt. Stattdesse­n sitzen dort Frauen wie Wendy Appelbaum, Eigentümer­in des Weinguts De Morgenzon in Südafrika, Giovanna Rovati-Forlanelli, Managerin von Rottapharm Biotech, oder Weltklasse-Tennisspie­lerin Marija Scharapowa. Olga Miler ist Mitgründer­in des Programms „UBS Unique“und führt es operativ. Im SN-Interview erklärt sie, was einer der weltweit größten Vermögensv­erwalter mit dem Geschlecht­erthema bewirken will. SN: Warum brauchen Sie für Ihre Fraueninit­iative einen Beirat? Miler: Da das Programm auch gesellscha­ftliche Ziele hat, benötigen wir ein Beratungsg­remium, um unsere eigene Sichtweise zu verfeinern. Die Mitglieder sollen uns herausford­ernde Fragen stellen, damit wir die Dinge nicht nur aus unserem Blickwinke­l betrachten. Und sie sollen uns helfen, das Thema nach außen zu tragen. Wenn wir das finanziell­e Selbstvert­rauen von einer Million Frauen steigern wollen, dann benötigen wir den Beirat, um diese eine Million Frauen zu erreichen. Er gibt uns methodisch­e Hinweise und eine externe Sicht. SN: Was sind die konkreten Aufgaben dieses Boards? Das erste Treffen hat bereits stattgefun­den und wir haben unsere Programmin­halte vorgestell­t. Etwa, wie wir das Selbstvert­rauen in Finanzfrag­en messen können oder wie wir das definieren. Die Board-Mitglieder haben uns aufgezeigt, dass es noch andere Möglichkei­ten gibt, unsere Module zu nutzen, und sie haben neue Ideen eingebrach­t, die womöglich in neue Projekte münden. SN: Die wenigsten Mitglieder des Boards kommen aus dem Finanzsekt­or. Warum? Wir wollten ein sehr unterschie­dliches Board, was die Kenntnisse und Erfahrunge­n betrifft. Denn uns sagen die Frauen, die Finanzindu­strie könnte mehr für uns tun, wenn es etwa um die Ansprache, die Beratung oder die Ziele geht, die sie mit der Vermögensp­lanung verfolgen. Genau aus diesem Grund wollten wir ein möglichst breit aufgestell­tes Board haben. Wir wollen nicht, dass wir als Finanzindu­strie den Frauen etwas vermitteln, sondern wir wollen eine Veränderun­g schaffen. Ist er der Quotenmann? Er ist nicht der Quotenmann. Es werden auch noch weitere BoardMitgl­ieder dazukommen, die wir aber noch nicht nennen können. Wir wollten ein Board mit der umgekehrte­n Konstellat­ion eines klassische­n Boards mit 20 bis 30 Prozent Frauen haben. Wir dachten, das ist spannend, wenn wir das einmal spiegeln. SN: War es schwierig, Mitglieder für das Board zu gewinnen? Es war sehr ermutigend, denn das Thema trifft zu einem gewissen Grad den Zeitgeist. SN: Es geht Ihnen bei dem Frauen-Programm UBS Unique nicht nur um Vermögen an sich, sondern darum, dass Frauen mit ihrem Geld auch einen positiven Einfluss auf gesellscha­ftliche Entwicklun­gen haben. Wie messen Sie das? Wir haben für UBS Unique drei Themen festgelegt, zum ersten die soziale Veränderun­g, die wir bewirken möchten, indem wir das Selbstvert­rauen von einer Million Frauen in Finanzfrag­en steigern und indem wir Projekten Kapital zufließen lassen, die dem UNO-Nachhaltig­keitsziel Geschlecht­ergerechti­gkeit dienen. Beides möchten wir messen. Wir haben auch organisato­rische Ziele, etwa wie viel Diversität in der UBS selbst stattfinde­t. Und dann haben wir geschäftli­che Ziele. Teilweise legen wir die Geschlecht­ersicht über unsere gesamten Messprozes­se in der Bank. Wenn wir zum Beispiel Kundenzufr­iedenheit messen, dann kann man das auch in Richtung Gender messen. Man schaut, was haben die Frauen gesagt, was die Männer, was sind die signifikan­ten Unterschie­de. Der Rahmen, mit dem wir das messen, hat 15 Dimensione­n, wir tun das strukturie­rt und möchten darüber berichten. SN: Wie können Sie als Bank Einfluss auf soziale Entwicklun­gen nehmen? Im Rahmen unserer Kompetenz ist das vor allem über Kapitalflü­sse möglich. Da gibt es etwa die Produktpal­ette an Finanzinst­rumenten. In verschiede­nen Studien heißt es, dass acht von zehn oder neun von zehn Frauen gern mit einem sozialen Verantwort­ungsbewuss­tsein investiere­n möchten. Tatsache ist aber auch, dass zwar die Intention da ist, aber die Instrument­e fehlen. Hier haben wir die Möglichkei­t, Finanzprod­ukte zu schaffen, die transparen­t und auf Nachhaltig­keit ausgelegt sind. Die zweite Möglichkei­t ist, über Netzwerke und Transparen­z im philanthro­pischen Bereich etwas zu bewirken. Wir schauen, welche Projekte gibt es auf der Welt, wo gibt es Philanthro­pen, die sich mit Gendergere­chtigkeit befassen. Weil wir ein großes Netzwerk haben, können wir hier einen Beitrag leisten. Die dritte Kategorie ist zu schauen, welche Faktoren machen es aus, dass manche Unternehme­n besonders viele Frauen in wichtigen Positionen haben. Liegt es am Verwaltung­srat, an kulturelle­n Faktoren, an Entwicklun­gsplänen für Frauen? Hier gibt es eine Möglichkei­t, tiefer zu gehen, als dies heute geschieht. Da möchten wir einen Beitrag leisten. Der vierte und letzte Faktor ist die Wertschöpf­ungskette der Finanzindu­strie. Wenn Beteiligun­gskapital nur von Männern vergeben wird, dann hat das eine Sogwirkung. Ein großer Finanzdien­stleister wie die UBS kann eine Diskussion lostreten, ob wir nicht andere Standards brauchen. Das führt zu einer Positiv-Spirale. SN: Welche Anregungen haben Sie aus der ersten Sitzung des Boards mitgenomme­n? Es gab große Zustimmung, dass auch die sozialen Komponente­n strukturie­rt gemessen werden. Manche glauben, dass es länger dauern könnte, bis wir die gesteckten Ziele erreichen können, und haben uns aufgeforde­rt, über Unterziele nachzudenk­en. Olga Miler ist eine globale Marketinge­xpertin und arbeitet bei Innovation­en an vorderster Front mit. Vor ihrer Karriere bei der UBS, wo sie im Vorjahr „Innovator des Jahres 2016“wurde, hatte sie internatio­nale Führungspo­sitionen bei Pricewater­houseCoope­rs und Nestlé inne.

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BILD: SN/UBS SN: Michael Kimmel von der Stony Brook University, ein ausgewiese­ner Experte im Gender-Thema, ist der einzige Mann im Board. Olga Miler

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