Hunde machen Kühe aggressiv Kühe dürfen auf Almen frei gehalten werden
Gerade wenn Wanderer Hunde mitführen, kommt es immer wieder zu folgenschweren Begegnungen mit Weidetieren. Rechtlich sind in solchen Fällen die Almbauern meist im Vorteil.
Im Juli 2014 wurde eine 45-jährige Deutsche, die einen Hund führte, auf einem Wanderweg auf einer Tiroler Alm von mehreren frei laufenden Kühen angegriffen und tödlich verletzt. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelte gegen den Almwirt wegen fahrlässiger Tötung, stellte das Verfahren aber ein, da dem Wirt keine Verletzung einer Sorgfaltspflicht nachzuweisen war.
Der Witwer und der Sohn des Opfers klagten daraufhin den Almwirt beim Landesgericht Innsbruck auf 359.905 Euro (Schmerzensgeld, Begräbniskosten etc.), da dieser die Tiere nicht ordnungsgemäß verwahrt habe. Er hätte einen Weidezaun errichten müssen, dieser hätte den Unfall verhindern können. Dem entgegnete der Almwirt, die Errichtung derartiger Zäune auf Almweideflächen sei weder zumutbar noch ortsüblich, zudem habe er bereits vor dem Vorfall mehrfach auf Hinweisschildern auf die von Mutterkühen ausgehenden Gefahren hingewiesen. Ein Urteil im Zivilprozess ist noch nicht ergangen.
Das Betreten einer Weide ist vor allem in Begleitung eines Hundes gefährlich. Folgenschwere Zwischenfälle mit Kühen können, wie das angeführte Beispiel zeigt, vor Gericht landen. Wie ist nun die Rechtslage? Was müssen Tierhalter und Wanderer beachten?
Jeder Landwirt hat, wie jeder Tierhalter, seine Nutztiere grundsätzlich auf die erforderliche Weise zu verwahren und zu beaufsichtigen. Für Weidetiere sind diese Anforderungen „gelockert“. Rechtspolitisch wird dies damit gerechtfertigt, dass mit einem überspannten Regelwerk die Viehhaltung auf Almen unmöglich gemacht würde.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht es zum Beispiel aus, Kühe auf einer mit einem durchgehenden elektrischen Zaun umgebenen Weide zu halten. Die Tiere müssen darüber hinaus nicht weiter beaufsichtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich die Weide in der Nähe einer viel befahrenen Straße befindet. Allerdings müssen die Weidetiere in diesem Fall „besonders sorgfältig“verwahrt werden. Konkret heißt das: Es müssen aus Haftungsgründen elektrische Weidezäune mit doppelter oder dreifacher Drahtführung verwendet werden.
Auf Almen dürfen Weidetiere überhaupt frei, also ohne Einzäunung oder sonstige Maßnahmen, gehalten werden. Die freie Weidehaltung von Mutterkühen mit Kälbern auf Almen ist überdies regional ortsüblich. Diese großzügigen Verwahrungsbestimmungen gelten allerdings nur für normale Verhältnisse. Wenn es mit Rücksicht auf die spezielle Eigenschaft oder Gefährlichkeit der Tiere erforderlich ist, gilt auch für auf Almen gehaltene Tiere eine Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht.
Nach der geltenden Rechtsprechung sind die Landwirte aber nicht verpflichtet, die Wanderwege durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen. Dies sei weder üblich noch zumutbar. Wanderer dürfen sich das auch nicht auf einem markierten Wanderweg erwarten, wenn er über Almweiden führt.
Sehr wohl aber ist der Landwirt verpflichtet, ein gefährliches Tier gesondert so zu verwahren, dass es sich dem Weg nicht nähern kann. Vor allem Mutterkühe mit Kälbern reagieren beim Zusammentreffen mit Hunden – auch angeleinten – oft sehr aggressiv, weil sie die Hunde als Bedrohung wahrnehmen.
Der Landwirt hat Vorsorge zu treffen, wenn ein Wanderweg eine Kuhweide durchquert, auf der Mutterkühe mit Kälbern gehalten werden. Aus Haftungsgründen sollte man an allen Zugängen zur Weide Warnschilder anbringen (Achtung Mutterkühe! Betreten sowie Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr!).
Weitere Maßnahmen sind unter normalen Verhältnissen in der Regel nicht erforderlich. Denn auch von Hundehaltern darf man erwarten, dass sie über die Gefahren Bescheid wissen, die von ihren Tieren ausgehen können. Wurden Weidetiere allerdings zuvor bereits auffällig, reicht dieser Warnhinweis allein nicht aus, dann bedarf es besonderer
Wolfgang Zarl ist Rechtsanwalt in Salzburg.
Verwahrungsmaßnahmen. Die Haftung des Landwirts für seine Weidetiere ergibt sich aus seiner Eigenschaft als Tierhalter. Es können sich aber im Zusammenhang mit Weidetieren auch Haftungsprobleme für den Almwirt ergeben, selbst wenn dieser nicht der Tierhalter ist. So hat er zum Beispiel einen sicheren Zugang zu seiner Almwirtschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Diese Pflichten bestehen nicht nur gegenüber den Gästen, sondern gegenüber allen Besuchern der Almwirtschaft, unabhängig davon, ob diese dort einkehren oder nicht. Werden diese Absicherungspflichten verletzt, können Wanderer Schadenersatz für den Fall fordern, dass sie von einer Kuh verletzt werden. Beispiele dafür wären fehlende Warnschilder oder ein schadhafter Zaun.
Generell gilt für Wanderer: Wer sich bewusst in eine Gefahr begibt, ist (großteils) für die Folgen daraus selbst verantwortlich.