Salzburger Nachrichten

Gletscher schrumpfen heuer im Rekordtemp­o

- Heinz Slupetzky, Gletscherf­orscher resch

Alpen-Gletscher, gerade in Salzburg, könnten heuer wieder einen Rekordverl­ust an Eismasse erleben. Das glaubt der Salzburger Geograf und Gletscherf­orscher Heinz Slupetzky.

Dafür gebe es zwei Gründe: Erstens die eher geringen Mengen an Neuschnee im Winterhalb­jahr. Zweitens den „extrem warmen“Sommerbegi­nn. Die ergiebiger­en Niederschl­äge im April und Mai hätten beides nur teils kompensier­en können. Im weiteren Jahresverl­auf dürfte der Masseabbau „ungebremst weitergehe­n“, sagt der Wissenscha­fter. Bereits 2003, 2007 und 2015 seien negative Rekordjahr­e gewesen, nun könne ein weiteres bevorstehe­n.

Wobei für Slupetzky feststeht, dass der Mensch und seine Emissionen für den Gletschers­chwund verantwort­lich sind – zumindest großteils. „Etwa ein Drittel der derzeitige­n Erwärmung ist natürlich. Dazu kommen zwei Drittel, die vom Menschen gemacht sind. Beide Phänomene verstärken einander.“

Wobei aus Slupetzkys Sicht auch gesagt werden muss: Klimatisch­e Warmzeiten habe es in der Vergangenh­eit auch vor der Industriel­len Revolution schon gegeben. Dies belegten etwa drei Bäume – von denen Slupetzky zwei selbst fand. Sie wuchsen vor 6000, 9000 und 10.200 Jahren auf dem Gebiet der heutigen Pasterze, Österreich­s größtem Gletscher am Fuße des Großglockn­ers. Generell habe nach der großen Eiszeit vor rund 10.000 Jahren eine Warmphase begonnen, in welcher etwa die Pasterze völlig verschwund­en sei.

Umgekehrt waren die vergangene­n Jahrhunder­te bis zur Mitte des 19. Jahrhunder­ts „gletscherf­reundliche­r“– ihren größenmäßi­gen Höhepunkt hätten heimische Gletscher Mitte des 19. Jahrhunder­ts erreicht.

„Doch die Geschwindi­gkeit, mit der es jetzt wärmer wird und die Gletscher schmelzen, die hat es bei diesen natürliche­n Warmphasen nie gegeben“, sagt der Gletscherf­orscher. Eine Folge könnte etwa sein, dass die Pasterze in 40 oder 50 Jahren nicht mehr existiert. Bereits um drei Kilometer sei sie heute kürzer als in ihren „besten Tagen“.

Und schon in den kommenden Jahren könnte ihr der „Titel“als größter heimischer Gletscher verloren gehen. Denn vom Nährgebiet, dem Obersten Pasterzenb­oden, bestehen auf einer Seite nur mehr zwei schmale Eisverbind­ungen, sie tragen laut Slupetzky faktisch nichts mehr zur

„In einigen Jahrzehnte­n existiert die Pasterze vermutlich nicht mehr.“

Ernährung der Pasterzenz­unge bei; sie könnten jederzeit „abreißen“. Auch auf der anderen Seite werde der Zufluss zur Gletscherz­unge stetig geringer.

Übrigens: Slupetzky tut das Abschmelze­n der Gletscher zwar in der Seele weh – „zukünftige Generation­en werden Gletscher nur mehr von Fotos kennen“, sagt er. Jedoch: Ein Wassermang­el, wie von manchen befürchtet, drohe der Alpenregio­n auch ohne Gletscher nicht. „Dafür sind bei uns die Niederschl­agsmengen viel zu hoch.“

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BILD: SN/BAYER Slupetzky mit Zirbenholz dem Pasterzeng­ebiet. aus
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