Ankara lenkt im Streit mit Berlin ein
Vorwurf der Terrorunterstützung gegen deutsche Firmen fallen gelassen.
In dem Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei ist Ankara in einem Punkt zurückgerudert: Die türkische Regierung zog eine Liste mit knapp 700 deutschen Unternehmen zurück, die sie der Terrorismusunterstützung verdächtigte. Innenminister Süleyman Soylu habe in einem Telefonat mit seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière von einem „Kommunikationsproblem“gesprochen, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Soylu habe versichert, türkische Behörden ermittelten weder in der Türkei noch in Deutschland gegen auf der Liste aufgeführte Unternehmen. Auch der stellvertretende Ministerpräsident Mehmet Şimşek bemühte sich um Deeskalation. Er versicherte im „Handelsblatt“, deutsche Mitarbeiter von Firmen könnten unbesorgt in die Türkei reisen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßte das Zurückziehen der Liste als „Signal“, betonte jedoch, ein hohes Maß an Unsicherheit bleibe bestehen. Auch die deutsche Bundesregierung zeigte sich weiterhin hart. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer brachte einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei ins Gespräch. „Wer der EU beitreten will, schließt sich einer Union der Werte an, der Menschenrechte, der Pressefreiheit und der Rechtsstaatlichkeit“, sagte sie. „Diese Werte sind und bleiben Voraussetzung für einen EU-Beitritt.“
Auslöser der schärferen Gangart Berlins war der Fall des vorige Woche in der Türkei festgenommenen Menschenrechtlers Peter Steudtner. Außenminister Sigmar Gabriel hatte eine Reihe von Schritten angedroht, die der türkischen Wirtschaft massiv schaden könnten. Steudtner ist einer von mehreren Deutschen bzw. Doppelstaatsbürgern, die unter Terrorverdacht in Haft sind, darunter der deutschtürkische „Welt“-Journalist Deniz Yücel.
In Istanbul begann unterdessen, begleitet von Protesten Hunderter Menschen, der Prozess gegen 17 Mitarbeiter der oppositionellen Zeitung „Cumhuriyet“. Auch sie müssen sich wegen des Terrorvorwurfs verantworten. „Journalismus ist kein Verbrechen“, hieß es auf Plakaten. Kritiker sehen in dem Prozess einen weiteren Beleg für den von Präsident Erdoğan betriebenen Abbau von Grundrechten.