In der Gastronomie brechen goldene Zeiten an
Wirte haben immer schon voneinander abgeschaut. Jetzt aber wurde ein Kleiner von einer Gastro-Kette kopiert. Das macht Mut.
In Salzburg ist Didi Maier weltberühmt. Die Warteschlangen vor seinen Lokalen Didilicious und Bakery im Europark führen deshalb nicht selten zu Staus in den unendlichen Weiten des Einkaufszentrums. Aber der Einzelkämpfer Maier hat es nun einmal, dieses Gespür, ganze Familien zu Stammgästen zu machen. Diese Fähigkeit hat ihm Lob und Anerkennung eingebracht – und Nachahmer. Und das führte vorige Woche zu einem originellen Missverständnis. Da wurde Maier von Stammgästen der zügelund fantasielosen Expansion bezichtigt.
Was ist passiert? Maier wurde nahezu täglich gefragt, warum er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Gastronomie im Gwandhaus in Morzg übernommen hat. Das ist aber falsch. Im Gwandhaus zog mit Lagardère Travel Retail eine international tätige Gastro-Kette ein. Ihre Shops befinden sich hauptsächlich auf Flughäfen und in Bahnhöfen. Deshalb wirkt das märchenhaft schöne Morzger Schloss auf deren Homepage in der Rubrik News auch ein bisserl fremd – so wie es dort zwischen einem mobilen Snack-Point am Bremer Flughafen und einem Relay Shop am Hauptbahnhof Neuss positioniert wurde. Woher das Missverständnis kommt, Didi Maier habe die Gastronomie im Gwandhaus übernommen, das ist schnell erklärt. Der Wiedererkennungswert des Angebots mit Maiers Bakery ist einfach zu groß. Maier verglich beide Karten und war gelinde gesagt baff: Das Frühstück gleicht im Gwandhaus dem seinen in weiten Teilen wie ein Ei dem anderen. Etwa sein „Happy Peppi“-Frühstück. Das heißt im Gwandhaus „Lustige Peppi für Kinder“. Beide bestehen aus einem „Kakaodrink“und einer „Schinken- oder Marmeladesemmel“. Auch die Bakery-Posten „Quick Pick“(in beiden Fällen „ein Heißgetränk nach Wahl“und „ein Butterbrot mit Schnittlauch wie bei Oma“), „Müsli & Co.“, „Vegan oder Veggy Joy“wurden eins zu eins übernommen. Für Maier ist das eine schöne Erfahrung. Denn seine Stammgäste, so sagt er, hätten ihm niemals zugetraut, dass er sich in einem neuen Projekt selbst kopiert. Das Positive an diesem Copyshop-Breakfast ist aber, dass hier eine Trendumkehr stattfand. Früher waren es die kleinen Wirte, die erfolgreiche Ideen von Gastro-Ketten kopierten. Nur deshalb gab es plötzlich in jedem Landgasthaus zum Leidwesen sensorisch empfindlicher Mitmenschen überall Fritteusen. Von der Kartoffel über die Champignons bis zum Fleisch. Alles wurde frittiert.
Mit dem Nachahmen von Didi Maiers gesunden und gschmackigen Frühstück-Ideen sind wir an einem Wendepunkt angelangt, der womöglich ein goldenes Zeitalter der Gastronomie einläutet: Erstmals kopiert ein Großer der Gastronomie einen Individualisten. Oder wie sagt man in China: Die Kopie ehrt den Meister. PETER.GNAIGER@SALZBURG.COM