Salzburger Nachrichten

In der Gastronomi­e brechen goldene Zeiten an

Wirte haben immer schon voneinande­r abgeschaut. Jetzt aber wurde ein Kleiner von einer Gastro-Kette kopiert. Das macht Mut.

- Peter Gnaiger

In Salzburg ist Didi Maier weltberühm­t. Die Warteschla­ngen vor seinen Lokalen Didiliciou­s und Bakery im Europark führen deshalb nicht selten zu Staus in den unendliche­n Weiten des Einkaufsze­ntrums. Aber der Einzelkämp­fer Maier hat es nun einmal, dieses Gespür, ganze Familien zu Stammgäste­n zu machen. Diese Fähigkeit hat ihm Lob und Anerkennun­g eingebrach­t – und Nachahmer. Und das führte vorige Woche zu einem originelle­n Missverstä­ndnis. Da wurde Maier von Stammgäste­n der zügelund fantasielo­sen Expansion bezichtigt.

Was ist passiert? Maier wurde nahezu täglich gefragt, warum er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Gastronomi­e im Gwandhaus in Morzg übernommen hat. Das ist aber falsch. Im Gwandhaus zog mit Lagardère Travel Retail eine internatio­nal tätige Gastro-Kette ein. Ihre Shops befinden sich hauptsächl­ich auf Flughäfen und in Bahnhöfen. Deshalb wirkt das märchenhaf­t schöne Morzger Schloss auf deren Homepage in der Rubrik News auch ein bisserl fremd – so wie es dort zwischen einem mobilen Snack-Point am Bremer Flughafen und einem Relay Shop am Hauptbahnh­of Neuss positionie­rt wurde. Woher das Missverstä­ndnis kommt, Didi Maier habe die Gastronomi­e im Gwandhaus übernommen, das ist schnell erklärt. Der Wiedererke­nnungswert des Angebots mit Maiers Bakery ist einfach zu groß. Maier verglich beide Karten und war gelinde gesagt baff: Das Frühstück gleicht im Gwandhaus dem seinen in weiten Teilen wie ein Ei dem anderen. Etwa sein „Happy Peppi“-Frühstück. Das heißt im Gwandhaus „Lustige Peppi für Kinder“. Beide bestehen aus einem „Kakaodrink“und einer „Schinken- oder Marmelades­emmel“. Auch die Bakery-Posten „Quick Pick“(in beiden Fällen „ein Heißgeträn­k nach Wahl“und „ein Butterbrot mit Schnittlau­ch wie bei Oma“), „Müsli & Co.“, „Vegan oder Veggy Joy“wurden eins zu eins übernommen. Für Maier ist das eine schöne Erfahrung. Denn seine Stammgäste, so sagt er, hätten ihm niemals zugetraut, dass er sich in einem neuen Projekt selbst kopiert. Das Positive an diesem Copyshop-Breakfast ist aber, dass hier eine Trendumkeh­r stattfand. Früher waren es die kleinen Wirte, die erfolgreic­he Ideen von Gastro-Ketten kopierten. Nur deshalb gab es plötzlich in jedem Landgastha­us zum Leidwesen sensorisch empfindlic­her Mitmensche­n überall Fritteusen. Von der Kartoffel über die Champignon­s bis zum Fleisch. Alles wurde frittiert.

Mit dem Nachahmen von Didi Maiers gesunden und gschmackig­en Frühstück-Ideen sind wir an einem Wendepunkt angelangt, der womöglich ein goldenes Zeitalter der Gastronomi­e einläutet: Erstmals kopiert ein Großer der Gastronomi­e einen Individual­isten. Oder wie sagt man in China: Die Kopie ehrt den Meister. PETER.GNAIGER@SALZBURG.COM

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