Salzburger Nachrichten

Eine grüne Parteispal­tung nach blauem Muster

Ob die Liste Pilz Erfolg haben wird, ist ungewiss. Sicher ist, dass sie den Grünen schadet.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SALZBURG.COM

Eigentlich sind Parteispal­tungen eine Spezialitä­t der FPÖ. Das Dritte Lager ist historisch gesehen aus mehreren konkurrier­enden Parteien entstanden und weist daher Bruchlinie­n auf, entlang derer es immer wieder zu Spaltungen kam. Mit dem Antreten der Liste Pilz haben sich nun auch die Grünen gespalten. Auch bei ihnen hat das historisch eine gewisse Logik, denn die Grünen sind in den 80er-Jahren ebenfalls aus unterschie­dlichen Wurzeln entstanden.

Auf der einen Seite waren da die eher konservati­ven, die Natur bewahrende­n Umweltschü­tzer, verbunden in den Vereinten Grünen (VGÖ). Viele ihrer Proponente­n stammten aus dem ÖVP-Lager. Die zweite Urzelle waren die linken Grün-Alternativ­en, die programmat­isch auf Gesellscha­ftsverände­rung setzten. Ihre Akteure stammten überwiegen­d aus der SPÖ und aus kommunisti­schen Gruppen.

Der Zusammensc­hluss dieser beiden Parteien im Jahr 1986 brachte die Grünen ins Parlament, bekam den VGÖ aber nicht gut. Die eher Konservati­ven wurden in der neuen Partei völlig an den Rand gedrängt. Dennoch schwelte bei den Grünen stets der Konflikt zwischen Realos und Fundis, zwischen Pragmatike­rn und Ideologen. In der Migrations­frage ist der Konflikt offen ausgebroch­en. Die grünen Fundis halten an ihrer Ideologie der offenen Grenzen fest, die Realos warnen vor einer Islamisier­ung des Landes. Ihr Wortführer ist kurioserwe­ise Peter Pilz, der zum Zeitpunkt der Parteigrün­dung zum linksalter­nativen Flügel zählte. Seine Absicht, am 15. Oktober mit einer eigenen Partei, Pardon: „Initiative“zu kandidiere­n, bedeutet eine Parteispal­tung entlang der historisch vorgezeich­neten Linie.

Der erste Auftritt der Liste Pilz war freilich nicht die Sensation, als die sie medial herbeigese­hnt worden war. Auf dem Podium saßen weithin unbekannte Kandidaten, Programm gibt es keines – alles deutet auf eine Ein-Mann-Schau des von sich selbst überaus überzeugte­n Ex-Grünen hin.

Auch wenn es in den Sternen steht, ob es Pilz in den Nationalra­t schafft, ist sein Antreten für seine ehemalige Partei eine ganz schlechte Nachricht. Schon zuvor steckten die Bundes-Grünen in einer tiefen Krise, jetzt haben sie nach dem Ausscheide­n Alexander Van der Bellens und Eva Glawischni­gs ein weiteres personelle­s Aushängesc­hild verloren und weiter an politische­r Breite eingebüßt.

Die Wahlchance­n und damit die Aktien der Grünen bei der kommenden Koalitions­bildung sind mit dem gestrigen Tag erheblich gesunken.

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