Urlaub einmal anders
In einer Frühstückspension im Weinviertel treffen Urlauber auf besondere Gastgeber. Menschen mit Beeinträchtigungen managen das kleine Hotel.
Die Kaffeemaschine streikt – wieder einmal. Langes Warten auf den heißen Muntermacher kann die Stimmung selbst unter Urlaubern im Caritas-Hotel Obenauf im Weinviertel am Morgen gefährden. Sabine Dörflinger weiß das und eilt zur Hilfe. Sie ist eine von zehn Mitarbeitern in der Frühstückspension in Unternalb. Sie alle sind Menschen mit Beeinträchtigung und haben in der Berufswelt wenig Chancen auf einen Job.
Auf andere zuzugehen, mit ihnen zu sprechen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, das ist für die 46-jährige Dörflinger nicht immer einfach. Im Obenauf ist die Frau mit der Lernschwäche ein wichtiges Teammitglied. In dem kleinen Betrieb stehen nicht nur die Gäste im Mittelpunkt, sondern auch die Mitarbeiter. „Wir wollen hier den Urlaubern etwas bieten, aber auch die Mitarbeiter auf einen Einstieg in die Berufswelt vorbereiten, außerdem sollen auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit vermittelt werden“, erklärt der Regionalleiter der Caritas, Thomas Krottendorfer.
Seit rund einem Jahr werden in der Frühstückspension Gäste bedient. Ein Trakt eines alten Klosters wurde mit Hilfe von Architekturstudenten umgebaut. Alte Gemäuer treffen auf moderne Einrichtungen. Die kühlen Gänge des Klosters schützen vor der Sommerhitze, der Lavendel im Garten verströmt einen beruhigenden Duft, Fernseher und Radio sucht man vergeblich. „Die Kinder mögen die Gegend, den Bauernhof, den Teich zum Bootfahren. Das ist hier ideal“, erklärt der 67-jährige Karl Jung. Die gesamte Familie ist aus Wien und Mödling für den Urlaub angereist. Frau, Kinder, Enkel, Schwester. „Es ist eine Ruheoase und ich fühle mich einfach als Gast wohl und nicht unbedingt als Teil eines Sozialprojekts, auch wenn ich es gut finde, was hier passiert“, sagt Jung.
„Manche Gäste bemerken auch nicht, dass in der Pension Menschen mit Beeinträchtigung leben“, erzählt die Betreuerin Desiree Lirnberger. Das ist wahrscheinlich das schönste Kompliment, das man Sabine Dörflinger machen kann. Sie räumt gerade das Frühstücksbuffet weg. Die 46-Jährige kommt aus der Gegend und ist froh über die Beschäftigung. „Jeder macht, was er am besten kann.“Egal ob die Kaffeemaschine bedienen oder das Frühstücksei kochen. „Zu tun gibt es genug, aber das ist besser, als daheimzusitzen“, erklärt sie.
In dem ehemaligen Kloster in Unternalb gibt es außerdem eine Tischlerei, eine Werkstätte und einen Bauernhof. Auch in diesen Betrieben werden insgesamt 70 Menschen mit Beeinträchtigungen auf die Berufswelt vorbereitet. Etwa vier von ihnen finden jedes Jahr einen Job. Während sie in den Werkstätten oder in der Frühstückspension arbeiten, bekommen die Klienten 80 Euro im Monat und Fahrtgeld.
„Die Auslastung ist sehr gut. In der Hauptsaison sind die Wochenenden ausgebucht“, erklärt die Betreuerin Desiree Lirnberger. Fünf Zimmer stehen für die Gäste bereit. Eines davon muss Sabine Dörflinger für den nächsten Besuch herrichten. „Dann ist das Haus wieder voll. So habe ich es gern“, sagt sie und geht die Stiegen hinauf.
„Ich fühle mich als Gast wohl und nicht als Teil eines Sozialprojekts.“Karl Jung, Gast