Deutsche Autobranche zahlt Nachrüstung mit
Vor dem deutschen Diesel-Gipfel zwischen Politik und Autoherstellern zeichnet sich ein Entgegenkommen an die Kunden ab.
Während die Ermittlungen im mutmaßlichen Kartell von fünf großen deutschen Automarken anlaufen, versichert der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, die Branchenvereinigung habe von den Machenschaften nichts geahnt. „Die VDA-Kollegen und ich haben es am Freitag aus der Presse erfahren“, sagte der Chef der mächtigsten Industrielobby Deutschlands, der frühere Verkehrsminister Wissmann, dem „Handelsblatt“vom Dienstag.
Nicht nur für die Produktsicherheit, sondern auch für die Rechtstreue gelte in der Autoindustrie eine „Null-Fehler-Toleranz“, betonte er. Die Vorwürfe müssten konsequent aufgeklärt werden, eine Pauschalverurteilung der Branche sei aber abzulehnen.
Gleichzeitig machte Wissmann klar, dass beim sogenannten Diesel-Gipfel am Mittwoch nächster Woche in Berlin die Besitzer von vom Abgasskandal betroffenen Autos mit einem Entgegenkommen rechnen können. Der VDA-Präsident versprach eine schnelle Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen in Deutschland: „Die deutschen Hersteller werden am 2. August ein Angebot für eine breite Nachbesserung für DieselPkw machen. Es wird eine Lösung geben, die effektiv und für den Kunden attraktiv ist.“Er fügte hinzu: „Mein Eindruck ist, die deutschen Hersteller werden die Kosten nicht an ihren Kunden hängen lassen.“
Im Gegenzug verlangt die Autobranche, die bisher weiter maßgeblich auf die Diesel-Technologie setzt, dass Fahrverboten für DieselAutos in Städten eine Absage erteilt wird. Bei dem Diesel-Gipfel will die deutsche Bundesregierung mit mehreren Ländern und Autobauern Schritte für einen geringeren Schadstoffausstoß festlegen. Dabei geht es auch darum, Modelle der Emissionsklassen Euro 5 und 6 mit neuer Software nachzurüsten.
Der VDA-Präsident räumte ein, dass die Automobilindustrie bereits durch die Diesel-Affäre erheblich an Vertrauen verloren habe. Daraus könne die Branche lernen, „dass ein Surfen in rechtlichen Grauzonen von niemandem akzeptiert werden darf“. Um die Probleme beim Diesel zu lösen, der zuletzt Marktanteile bei den Verkäufen verloren hatte, müssten die Hersteller die Stickoxid-Emissionen deutlich senken.
Die Ermittlungen der EU gegen Volkswagen, Audi, Porsche, Daimler und BMW stehen erst am Anfang, doch es gibt bereits viele Spekulationen über mögliche Strafen. So heißt es, falls tatsächlich Daimler vor Volkswagen eine Selbstanzeige gemacht habe, könnte der Hersteller von Mercedes und Smart die Kronzeugenregelung erhalten und straffrei davonkommen. Bei VW wäre dann höchstens ein Abschlag von 50 Prozent auf die Strafe möglich. Von Freitag bis Montagabend büßten die drei im deutschen Aktienindex DAX gelisteten Konzerne Volkswagen, BMW und Daimler mehr als zehn Mrd. Euro Börsenwert ein, errechnete die NordLB.
Ein in den USA verhafteter VWManager will nun ein Geständnis in der Abgasaffäre ablegen, erklärten seine Anwälte nach Angaben der US-Justiz.
„Surfen in Grauzonen ist inakzeptabel.“