Die Woche der Entscheidung im Swap-Prozess
Die letzten Beweisanträge sind gestellt. Nun ist für heute, Mittwoch, alles bereit für die Schlussplädoyers. Ein Urteil für Freitagnachmittag wird immer wahrscheinlicher.
SALZBURG. Es dürfte der vorletzte Akt sein, der heute, Mittwoch, im Swap-Prozess am Landesgericht über die Bühne geht. Verhandlungstag 18 von 19 – und alles deutet darauf hin, dass heute die Schlussplädoyers gehalten werden und sich der Richtersenat am Freitag zu Beratungen zurückzieht. Sollte das der Fall sein, könnte am Freitagnachmittag ein Urteil verkündet werden.
Davon gehen mittlerweile alle Verteidiger aus, angefangen von Herbert Hübel bis Stefan Eder. „Das ist schon seit Tagen zu sehen – die Richterin will zu einem Ende kommen“, sagt Eder. Die Verteidiger der sieben Angeklagten haben wie erwartet am Dienstag nichts unversucht gelassen und eine ganze Reihe von Beweisanträgen eingebracht. Es ist sozusagen das letzte Aufbäumen, bevor der Vorhang fällt.
Der Schöffensenat entschied aber nicht sofort, sondern behielt sich vor, heute ab 9 Uhr darüber zu beraten und eine Entscheidung zu verkünden. Verteidiger Eder geht davon aus, dass die Richterin auch diesmal alle Anträge ablehnen wird.
Wie stickig die Luft im übertragenen Sinn im Verhandlungssaal E18 des Landesgerichtes bereits ist, zeigte sich auch daran, dass sich ein Verteidiger mittlerweile sogar auf ein Gutachten stützt, wonach maximal 20 Minuten am Stück verhandelt werden könne. Danach sei der CO2-Gehalt im Saal zu hoch, und es müsste 45 bis 60 Minuten lang gelüftet werden. Diese Wortspende fand schon allein aufgrund der Situationskomik wenig Beachtung.
Der Ton wurde am Dienstag aber noch einmal schärfer. Das bekam auch die vorsitzende Richterin Anna-Sophia Geisselhofer zu spüren. Walter Müller, Verteidiger von Bürgermeister Heinz Schaden, brachte gleich zu Beginn einen Antrag ein. Müller hätte nach dem Rauswurf des Gutachters aus dem Verfahren gern einen neuen Sachverständigen gesehen. Nachdem der Schöffensenat dies am Freitagabend ablehnte, zweifelt Müller an der Kompetenz der Richterin. Schadens Rechtsanwalt beantragte, dass das Schöffengericht offenlegen solle, über welche „Lebenserfahrung“die vorsitzende Richterin, ihr Beisitzer und die beiden Schöffen in Sachen Kapitalmarktwesen und Derivate verfügen.
Es habe sich gezeigt, dass Geisselhofer über keine Erfahrung in diesem Bereich verfüge, sagt Müller. Sie sei erst seit 2010 Richterin am Landesgericht, ihr Beisitzer gar erst seit 2016. Die beiden hät- ten zudem keine Spezialausbildung in Sachen Wirtschaftsstrafrecht. Es sei daher unmöglich, in diesem Verfahren ohne Beiziehung eines Sachverständigen alles aufzuklären.
Geisselhofer ließ sich auch am Dienstag nicht provozieren und quittierte die Antragstellung mit einem milden Lächeln, das mittlerweile zu ihrem Markenzeichen in diesem Verfahren geworden ist. Auch die Verteidiger der weiteren Angeklagten brachten mehrere, neue Beweisanträge ein. So mancher Verteidiger versuchte den Schöffensenat immer noch davon zu überzeugen, dass die Swap-Geschäfte der Stadt 2007 kein Millionenminus, sondern sogar ein Plus ausgewiesen hätten. Ergo: Freispruch.
In der Flut an Anträgen wurden auch neue Zeugen von Verteidigerseite beantragt, die aber kaum befürchten müssen, dass sie tatsächlich einen Auftritt in der Weiserstraße hinlegen müssen. So wollen die Anwälte den aktuellen Finanzreferenten, LHStv. Christian Stöckl (ÖVP), und Landesamtsdirektor Sebastian Huber laden lassen. Die Begründung: 14 Banken, mit denen das Land nach Platzen des Finanzskandals außergerichtliche Einigungen getroffen habe, hätten bis Ende 2016 mehr als 105 Millionen Euro an Wiedergutmachung und Schadenersatz bezahlt. Es sei also auch für die Swap-Papiere der Stadt eine vollständige Wiedergutmachung erfolgt.
Ins Spiel gebracht wurde auch der frühere ÖVP-Finanzreferent und LH-Stv. bis 2004, Wolfgang Eisl. Auch diesen Mann will ein Verteidiger als Zeuge sehen und beantragte seine Ladung. Hintergrund: Die Vollmacht, die Monika Rathgeber und ihr Kollege damals zum Abschluss von Spekulationsgeschäften erhalten haben, hätte laut Argumentation des Verteidigers einen Beschluss der Landesregierung benötigt.
Für den Abschluss von SwapGeschäften hätte es gar keine Vertretungsbefugnis gegeben. Die Stadt bezieht sich auf ein Rechtsgutachten zweier Uniprofessoren, das zeigen soll, dass der „falsus procurator“– zu Deutsch, der „falsche Vertreter“– gehandelt habe. Und demnach seien nicht nur einzelne Geschäfte, sondern auch die Übertragung der Swaps an das Land nicht rechtsgültig zustande gekommen.
„Die Richterin will zu einem Ende kommen – das sieht man.“Stefan Eder, Verteidiger