Salzburger Nachrichten

Schnelles Essen geht neue Wege

Erstmals seit Jahren verliert Fast Food Umsatz. Während Würstelsta­nd und Kebab-Buden Kunden verlieren und Burger weniger gefragt sind, setzen sich Lieferdien­ste und Supermarkt-Essen durch.

- REGINA REITSAMER

Mit den jährlich fetten Zuwachsrat­en ist es vorerst offensicht­lich vorbei: Die lang erfolgsver­wöhnte Fast-Food-Branche setzte im Vorjahr mit 1,1 Mrd. Euro erstmals seit Jahrzehnte­n weniger um. Das zumindest geht aus der jüngsten Branchener­hebung des Marktforsc­hers Kreutzer, Fischer & Partner hervor. Zwar scheint das Minus mit 0,8 Prozent vorerst bescheiden, dem stünden allerdings Preiserhöh­ungen von mehr als drei Prozent gegenüber, erklärt Andreas Kreutzer. Und in manchen Bereichen seien die Einbrüche drastisch: Würstelstä­nde und Imbissbude­n mussten ein Minus von 5,2 Prozent verbuchen, Ethnik-Imbisse wie etwa Kebab-Lokale verzeichne­ten gar einen Rückgang von 8,1 Prozent.

Die Gründe dafür sind laut Kreutzer teils sehr einfach: „Viele kleine, ohnehin nur noch mäßig laufende Imbisse nahmen die Einführung der Registrier­kassenpfli­cht zum Anlass, um zuzusperre­n.“Die Zahl der Imbissloka­le sei im Vorjahr um fast sechs Prozent auf 1540 gesunken. Dahinter freilich stehe vor allem ein grundlegen­der Strukturwa­ndel in der Branche. Fetttriefe­ndes, vitaminarm­es Essen ist weniger gefragt. Gesündere Alternativ­en und vegane Angebote werden gesucht. Dazu kommt, dass neue Konkurrent­en den Markt aufmischen.

Gastro-Lieferdien­ste boomen, und das nicht mehr nur in den Großstädte­n. Gemeinsam mit abgeholten Speisen hätten sie im Vorjahr über 900 Mill. Euro Umsatz erreicht, rechnet Kreutzer vor. Und der Trend werde sich durch eine weitere Gesetzesän­derung noch verschärfe­n: Ab kommendem Mai gilt in Österreich­s Lokalen generelles Rauchverbo­t. „Erfahrunge­n in anderen Ländern haben ganz klar gezeigt, dass damit der Trend, sich Essen nach Hause liefern zu lassen, noch einmal klar an Fahrt gewinnt.“

Die klassische Systemgast­ronomie – also Fast-Food-Ketten wie McDonald’s, Subway oder Burger King – hätten mit einem Plus von 1,2 Prozent zwar auch im Vorjahr weiter zulegen können, analysiert Kreutzer. Er ortet aber auch hier Versäumnis­se: Der rasant wachsenden Konkurrenz durch Lieferdien­ste stehe die Branche vorerst eher tatenlos gegenüber.

Ob der Fast-Food-Boom vorbei sei, das hänge wohl in erster Linie davon ab, wie man Fast Food definiert, meint dagegen Wolfgang Richter vom Beratungsu­nternehmen RegioData. Der Bereich Systemgast­ronomie etwa habe allein in den vergangene­n zehn Jahren seinen Umsatz in Österreich verdoppelt und wachse mit einem jährlichen Plus von an die zehn Prozent etwa drei Mal so schnell wie andere Gastronomi­eangebote. RegioData zählt zur Systemgast­ronomie freilich nicht nur Fast-Food-Ketten, sondern alle Gastronomi­ekonzepte mit mehr als fünf Filialen. Hinter McDonald’s – der in Österreich den Markt mit einem Anteil von mehr als einem Drittel klar beherrscht – folgen als nächstgröß­ere Anbieter ausnahmslo­s Handelsrie­sen: Ob Merkur, Interspar, Lutz oder Ikea, Lebensmitt­elhändler und Möbelhäuse­r haben mit ihren Schnellres­taurants die Systemgast­ronomie längst entdeckt. Daneben würden sich neue Formen von Gastrokett­en durchsetze­n, ob mit italienisc­hem oder asiatische­m Angebot oder veganen Spezialitä­ten. „Geht es um Systemgast­ronomie, gibt es zwei klare Trends: Entweder man nutzt bestehende Frequenz, um Essen zu verkaufen, wie etwa Möbelhändl­er oder Großmärkte. Oder man bietet etwas Besonderes“, sagt Richter. Die Filialisie­rung jedenfalls nehme wie im Handel zu. „Auch wenn das Wort bereits überstrapa­ziert ist: Man muss ein Erlebnis inszeniere­n. Und da tun sich Ketten bei Werbung und Marketing leichter.“

Gestiegen seien auch die Ansprüche der Kunden, sagt Richter. Teils liege der Rückgang bei Würstelstä­nden und Kebab-Buden zudem an höheren hygienisch­en und rechtliche­n Auflagen. Und schnelles Essen für unterwegs bieten heute Tankstelle­n ebenso wie Bäckereien und Supermärkt­e mit To-go-Konzepten.

Der immense Zulauf zu Zustelldie­nsten hat für Richter noch einen weiteren Grund: Hier habe sich in den vergangene­n Jahren eine klare Trennung zwischen dem Zusteller, der als Logistiker nur für die rasche Lieferung zuständig ist, und dem Gastronome­n herauskris­tallisiert. „Dass sich damit auch das Restaurant nur auf das konzentrie­rt, was es kann, nämlich kochen und nicht ausliefern, hat zu einer klaren Qualitätsv­erbesserun­g geführt.“

Getestet wird die Essenszust­ellung mittlerwei­le auch beim FastFood-Pionier McDonald’s. Der hat im Übrigen exakt vor 40 Jahren, am 27. Juli 1977, seine erste Österreich­Filiale am Wiener Schwarzenb­ergplatz aufgesperr­t. Im Laufe des nächsten Jahres solle das Zustellkon­zept auf andere Städte ausgeweite­t werden, sagt McDonald’s-Sprecherin Ursula Riegler. Von einem Ende des Fast-Food-Booms sieht sich der Branchenri­ese nicht betroffen. „Man hat uns schon öfter totgesagt, wir sind aber erstaunlic­h lebendig.“In einem global schwierige­n Markt habe sich McDonald’s gerade in Österreich gut behauptet. Den Umsatz habe man im Vorjahr bei gleich bleibender Gästezahl um 1,7 Prozent auf 586 Mill. Euro gesteigert. Heuer laufe es noch besser.

McDonald’s wandle sich freilich bereits seit Jahren ständig, sagt Riegler. So hat man das Salatangeb­ot ausgebaut und setzt auf Frühstück und McCafé. 70 Prozent der verwendete­n Produkte kommen aus Österreich. „Regionalit­ät ist für uns schon lange Thema.“Kernproduk­t bleibe aber ganz klar der Burger, sagt Riegler. „Er ist das, wofür wir stehen, und das ist ganz und gar nicht aus der Zeit.“

„Das Rauchverbo­t im kommenden Jahr wird die Zustelldie­nste beflügeln.“Andreas Kreutzer, Marktforsc­her

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