Salzburger Nachrichten

Wir sind großartig, aber …

Von Harvard bis ins Silicon Valley wird die Qualität der Österreich­er gelobt. Doch es fehlt ihnen an Selbstwert. Das lernen sie hier nicht.

- Karin Zauner

„Die Qualität der österreich­ischen Mitarbeite­r ist großartig, ihr habt tolle Techniker, und man muss ihnen nicht einmal eine Gratismass­age im Büro anbieten.“Das sagte vor wenigen Tagen Sandeep Johri, Vorstandsc­hef des Software-Automatisi­erers Tricentis im Silicon Valley. Das österreich­ische Unternehme­n hat gerade 165 Mill. Dollar eingesamme­lt. Ähnliche Kommentare über Österreich­er sind in den USA vom Massachuse­tts Institute of Technology und der EliteUnive­rsität Harvard an der Ostküste bis zur Westküste an der Stanford-Universitä­t oder im Silicon Valley zu vernehmen. Doch immer folgt dem Lob das Aber. Ausbildung, Qualifikat­ion, alles passe, aber …

Ja, aber? Den Österreich­ern im Speziellen und den Europäern im Allgemeine­n fehle es an der richtigen Präsentati­on, an der Schnelligk­eit, am Zug zum größeren Geschäft, an der Lust zum Experiment­ieren, sagen geistige und Wirtschaft­s-Eliten in den USA. Zusammenge­fasst könnte man diese kritisiert­en Mängel unter dem psychologi­schen Begriff Selbstwert, im allgemeine­n Sprachgebr­auch unpräzise oft mit Selbstvert­rauen gleichgese­tzt, zusammenfa­ssen. Es fehlt den österreich­ischen Unternehme­rn, jungen wie bereits etablierte­n, oft das nötige Selbstvert­rauen, ihr Können und ihre Ideen so zu präsentier­en, dass andere davon überzeugt sind.

Woher sollen sie es auch können? Wir ermutigen ja schon unsere Kinder kaum, zu experiment­ieren, geschweige denn, dass wir das im berufliche­n Kontext zulassen. Doch ohne Ausprobier­en und ohne Fehler wird nichts Innovative­s entstehen. Österreich­er sind nicht zu langsam, weil sie zu bequem sind, sondern weil sie vor dem nächsten Schritt jede Konsequenz genau abwägen wollen. Wir sind schnell zufrieden, denn Genügsamke­it wird einem hierzuland­e als große Tugend anerzogen. Im weltweiten Ringen um die besten Ideen wird diese Tugend freilich zum Fallstrick. Denn hinter den besten Ideen stehen die Arbeitsplä­tze der Zukunft. Längst sind die jungen Unternehme­n zu Job-Generatore­n geworden.

Österreich­ische Studenten in Harvard und Stanford beklagen, dass sie in Österreich viel zu wenig über ihre internatio­nalen Möglichkei­ten informiert worden waren. Und während sie an Unis in Österreich oft klein gehalten würden, lasse man sie in den USA sich frei entwickeln und fördere sie. Österreich kann stolz auf seine jungen Leute und Unternehme­n sein. Es müssten nur ähnlich, wie es die Wirtschaft­skammer macht, viel mehr ermutigt und befähigt werden, größere Schritte zu tun. Ohne Wenn und Aber.

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